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April 1945 April 1945: Meuterei zur kampflosen Übergabe von Helgoland scheiterte

Von Hans-Christian Wöste 12.04.2005, 14:57
Der Trichter einer 5000 kg-Fliegerbombe aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges liegt im Seenebel der Nordseeinsel Helgoland (Foto vom 18.03.2005).Wie dieser Bombentrichter auf dem Oberland sind auch heute noch, 60 Jahre nach Kriegsende, viele Spuren als stumme Zeitzeugen im Landschaftsbild der einzigen deutschen Hochseeinsel zu erkennen. Nach der gescheiterten friedlichen Übergabe der Insel an die Briten griff die Royal Air Force die Hochseeinsel am 18. April 1945 mit fast 1000 Bombern an. Helgoland wurde bei diesem schweren Luftangriff völlig zerstört. Unter den 3000 Helgoländern und Soldaten gab es trotz umfangreicher Bunkersysteme im roten Felsen zahlreiche Tote. Anschließend wurde die verwüstete Insel evakuiert und ihre Bewohner über ganz Norddeutschland verteilt. (Foto: dpa)
Der Trichter einer 5000 kg-Fliegerbombe aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges liegt im Seenebel der Nordseeinsel Helgoland (Foto vom 18.03.2005).Wie dieser Bombentrichter auf dem Oberland sind auch heute noch, 60 Jahre nach Kriegsende, viele Spuren als stumme Zeitzeugen im Landschaftsbild der einzigen deutschen Hochseeinsel zu erkennen. Nach der gescheiterten friedlichen Übergabe der Insel an die Briten griff die Royal Air Force die Hochseeinsel am 18. April 1945 mit fast 1000 Bombern an. Helgoland wurde bei diesem schweren Luftangriff völlig zerstört. Unter den 3000 Helgoländern und Soldaten gab es trotz umfangreicher Bunkersysteme im roten Felsen zahlreiche Tote. Anschließend wurde die verwüstete Insel evakuiert und ihre Bewohner über ganz Norddeutschland verteilt. (Foto: dpa) dpa

Helgoland/Cuxhaven/dpa. - Doch die geplante Meutereifliegt auf.

15 Beteiligte werden am frühen Morgen des 18. April 1945 verhaftetund sieben von ihnen später auf dem Festland erschossen. WenigeStunden nach der Festnahme der Verschwörer geht die Insel am Mittagim Bombenhagel britischer Flugzeuge in Flammen auf.

Der Helgoländer Benno Krebs (66) ist der wenig bekannten Tragödienachgegangen und hat über viele Jahre versucht, Details zu denHintergründen zu sammeln. «Doch bis heute sind viele Umstände immernoch ungeklärt», sagt Krebs, der dazu weder deutsche noch englischeUnterlagen gefunden hat.

Nach den spärlichen Berichten von Zeugen gehörte der Nazi-kritische Helgoländer Erich Friedrichs zu der Meuterer-Gruppe auszehn Soldaten und fünf Zivilisten. Friedrichs, auch Erk Fink genannt,soll über Funkkontakte eine vage Zusage der Briten erreicht haben,dass die Bevölkerung nach einer friedlichen Übergabe der Insel dortbleiben könne.

Doch die misstrauische deutsche Abwehr fängt am 17. April diesenFunkspruch ab. Am frühen Morgen des nächsten Tages landet einWasserflugzeug mit Gestapo-Beamten aus Cuxhaven zwischen der Inselund der Düne. Eine Ausgangssperre wird verhängt. Die Meuterer werdenfestgenommen. Angeblich sollen sie geplant haben, die deutschenSoldaten bis zum Eintreffen der Briten in Schach zu halten. Unklarist jedoch, wie dies gelingen sollte. Spekulationen gehen dahin, dassdie Meuterer einen Fliegeralarm vortäuschen und später die Eingängezu den Luftschutzbunkern sprengen wollten. Dadurch wollten sie einVorgehen gegen die Verschwörung verhindern.

«Aktion misslungen - Helgoland sofort angreifen» lautet am 18.April um 10.00 Uhr der letzte, unverschlüsselte Funkspruch desGeheimsenders an die Briten. Zwei Stunden später werfen fast 1000Bomber ihre tödliche Last ab und machen die Insel dem Erdbodengleich. Unter den 3000 Helgoländern und Soldaten gibt es viele Toteund Verwundete. «Es war albtraumhaft», erinnert sich die InsulanerinErni Rickmers, «zwei Tage durften wir die Bunker nicht verlassen».

Später wird die Insel evakuiert, ihre Bewohner werden über ganzNorddeutschland verstreut. Nach Kriegsende nutzen die Briten dasEiland als Bombenabwurfübungsplatz und verwüsten es endgültig. Erstim März 1952 dürfen die Helgoländer zurückkehren.

«Ich bin der Überzeugung, dass der Angriff mit der Verschwörung inZusammenhang gebracht werden muss», schrieb Benno Krebs später inseinen Erinnerungen «Verwehte Spuren». Erk Fink sei jedenfalls mitseinem Mut und seiner Standfestigkeit ein hohes Risiko eingegangen.Als Fink und seine Mitstreiter am 21. April 1945 in Cuxhavenstandrechtlich erschossen wurden, sollen seine letzten Worte gewesensein: «Nieder mit den Schreckensregimentern!»