Alice Weidel im Porträt Alice Weidel: Vom Bankenwesen zum Rechtspopulismus

Köln/Berlin - Lange hielt sie sich in Köln zurück, ergriff kein einziges Mal das Wort. Die Stunde von Alice Weidel auf dem Bundesparteitag schlägt, nachdem Alexander Gauland und sie als Spitzenduo für die Bundestagswahl gekürt wurden.
Sie hat ihren Auftritt sorgfältig vorbereitet, das wird rasch klar. „Wir haben es allen gezeigt, den Medien, den Altparteien und den Bildungsbomben der Antifa da draußen“, ruft sie in den Saal. Für Sätze wie diesen feiern sie sie.
„Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“ Die bisher eher unbekannte Politikerin aus Baden-Württemberg massiert die Seele der Delegierten, sie beherrscht die Kunst der Rede, mal schmeichelt sie mit ihrer Stimme, mal wird sie rasierklingenscharf, mal aggressiv, dann wieder analytisch-kühl.
Wer ist Alice Weidel?
Alice Weidel ist das neue weibliche Gesicht der AfD, nachdem die Partei Frauke Petry vorerst abserviert hat. Sie ist 38 Jahre jung, einstige Bankerin und heute Unternehmensberaterin, sie kennt die Welt, hat über das Rentensystem in China promoviert und spricht Mandarin.
Dazu ist sie attraktiv, trägt gern gediegen-elegante Hosenanzüge, das fällt auf in einer Partei, die von nicht übermäßig gut gekleideten Männern gehobenen Alters dominiert wird. So gar nicht zum Profil will es auch passen, dass Weidel mit einer Frau zusammenlebt und mit ihr zwei Kinder groß zieht.
All das hat ihr den Ruf eingebracht, zum eher liberalen Flügel der AfD zu gehören. Dabei unterscheidet sie sich in ihren Positionen kaum von Alexander Gauland, das wird spätestens in Köln deutlich. „Für unser Deutschland werde ich kämpfen, so wahr mir Gott helfe“, verspricht sie. Das klingt bei Gauland kaum anders, wenn er das „Deutschland unserer Mütter und Väter“ erhalten will. Die beiden, das lässt sich erahnen, werden bestens harmonieren.
Weidel scheiterte bei der Wahl zur Landesvorsitzenden
Weidel ist seit 2013 in der AfD und Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl in Baden-Württemberg. Sie scheiterte allerdings kürzlich damit, auch zur Landesvorsitzenden gewählt zu werden. „Das war die Quittung dafür, dass sie den Antrag von Petry, Björn Höcke aus der Partei zu werfen, unterstützt hat“, sagt einer aus ihrem Landesverband.
Bei ihrem ersten Auftritt mit Gauland kennt Weidel allerdings keine Berührungsängste mehr. Als sie gefragt wird, ob sie im Wahlkampf auch mit Höcke auftreten würde, sagt sie: „Ja, natürlich.“
Auch in der Vergangenheit ist Weidel schon mit beinharten Aussagen aufgefallen, über Flüchtlinge, über den Islam, über Europa und den Euro. Nach dem Verfassungsreferendum in der Türkei forderte sie, den Befürwortern Erdogans die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen.
Ein Versöhnungstreffen mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland Aiman Mazyek lehnte sie ab. Damit nicht genug, griff sie ihn nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB als „Islamlobbyisten“ an, der sich nie glaubhaft von der „Steinzeitscharia“ distanziert habe.
Mazyeks Vergehen bestand darin, zu Solidarität aufgerufen zu haben – zu diesem Zeitpunkt war noch völlig unklar, wer den perfiden Angriff verübt hatte. Eine wie Weidel ficht das nicht an. Sie will für Deutschland kämpfen, „so wahr mir Gott helfe“.