Afghanistan Afghanistan: Vier Bundeswehr-Soldaten sterben bei Anschlag

Berlin/dpa. - Bei dem bislang schwersten Terroranschlag auf Bundeswehr-Angehörige im Ausland sind am Samstag in Kabul vier Soldaten getötet worden. 29 Deutsche seien bei dem Selbstmordattentat mit einer Autobombe verletzt worden, einige von ihnen sehr schwer, sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) in Berlin. Nach Augenzeugenberichten wurden auch mindestens zwei afghanische Passanten verletzt. Konkrete Hinweise auf eine Verwicklung der Terrororganisation El Kaida in den Anschlag gebe es bisher nicht, sagte Struck.
Ein mit Sprengstoff präpariertes Taxi sei am Morgen neben einem mit 33 deutschen Soldaten besetzten Bus explodiert. «Dieser Anschlag hat eine neue, schreckliche Dimension», sagte Struck. Die Bundeswehr werde sich trotz des Anschlags nicht aus Afghanistan zurückziehen und wie geplant eine Ausweitung ihrer Aufgaben prüfen.
Der Bombenanschlag wurde im In- und Ausland und über Parteigrenzen hinweg mit Betroffenheit und Erschütterung aufgenommen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte: «Mit großer Bestürzung habe ich die Nachricht vom schrecklichen Ereignis in Kabul erhalten.» Der Anschlag sei feige und hinterhältig.» Struck sagte, US-Präsident George W. Bush habe Kanzler Schröder in ihrem ersten Telefonat seit Monaten persönlich das Beileid des amerikanischen Volkes ausgesprochen.
Angehörige der US-Streitkräfte hätten bei der Bergung und Versorgung der Opfer geholfen. Die Verletzten sollten nach der Erstversorgung noch am Samstag nach Deutschland geflogen werden, sofern ihr Zustand dies zulasse.
Der Anschlag ereignete sich, als zwei mit Bundeswehrsoldaten besetzte Busse auf dem Weg zum Flugplatz waren, von wo diese nach Deutschland zurückfliegen sollten. Gegen 7.50 Uhr Ortszeit (5.50 MESZ) habe der Konvoi das deutsche Hauptquartier verlassen, sagte Struck. Auf einer Hauptstraße in Kabul sei dann wenig später einer der beiden Busse durch die Explosion total zerstört worden.
Auf die Frage, ob es angesichts der unsicheren Lage in Kabul leichtsinnig gewesen sei, die Soldaten in einem Bus statt einem gepanzerten Fahrzeug zu transportieren, sagte Struck: «Ich kann nicht erkennen, dass wir fahrlässig gehandelt haben.» Es habe keine Hinweise auf einen Anschlag gegeben. Struck sagte, Beamte des Bundeskriminalamtes würden zur Aufklärung des Anschlags nach Kabul entsandt.
Erst am Donnerstag hatte der Bundestag erste Weichen für eine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes gestellt. Nach dem Willen der Parteien sollen vom Spätsommer an mehrere Dutzend Soldaten in Afghanistan möglicherweise erstmals auch außerhalb Kabuls eingesetzt werden. Die Fraktionsvorsitzenden stimmten der Entsendung eines «Erkundungsteams» zu, das sich am kommenden Dienstag auf den Weg machen soll. An dieser Planung werde festgehalten, sagte Struck.
Die Bundeswehrsoldaten gehören zur Internationalen Afghanistan- Schutztruppe ISAF. Sie hilft unter einem UN-Mandat der afghanischen Regierung bei der Herstellung und Wahrung der inneren Sicherheit und der Menschenrechte. Seit 10. Februar führen Deutschland und die Niederlande gemeinsam die ISAF. Die Bundeswehr beteiligt sich mit knapp 2400 Soldaten an der Mission.
Auch Bundespräsident Johannes Rau zeigte sich von dem Tod deer vier deutschen Soldaten erschüttert. Die Tat habe junge Männer getroffen, die einen Beitrag zu Sicherheit und Stabilität für die Menschen in Afghanistan leisten wollten. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte, die Tat mache deutlich, dass der Kampf gegen terroristische Gruppierungen in Afghanistan längst nicht beendet ist.
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nannte den Anschlag heimtückisch und abscheulich. Der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle sprach von einem «verbrecherischen Akt».
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, brachte einen Abzug der ISAF- Friedenstruppe in die Diskussion. «Sollte sich die Sicherheitslage dramatisch verschärfen, sollten wir die ISAF- Friedenstruppe entweder erheblich verstärken - oder aus Afghanistan abziehen», sagte Gertz der «Bild am Sonntag».