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Abgeordnete verlassen den Saal AfD-Mann Mario Lehmann löst mit Beschimpfungen Eklat im Landtag aus

Von Jan Schumann 26.01.2018, 19:44
Mit Hang zur Provokation: AfD-Politik Mario Lehmann trägt bei einer Landtagsdebatte im vergangenen Jahr eine orientalische Kopfbedeckung.
Mit Hang zur Provokation: AfD-Politik Mario Lehmann trägt bei einer Landtagsdebatte im vergangenen Jahr eine orientalische Kopfbedeckung. dpa

Magdeburg - Katja Pähle ist kurz davor, zu explodieren. „Es hackt wohl bei denen!“, platzt es aus der SPD-Fraktionschefin auf dem Landtags-Gang heraus.

Aus Protest ist sie aus dem Plenarsaal gestürmt, wo der AfD-Mann Mario Lehmann gerade spricht. Wutentbrannt steht Pähle da, umringt von bestürzten Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken. Auch die Regierungsbank ist schon leer. Im Plenum klatschen die AfD-Abgeordneten indes im Takt und einige rufen höhnisch: „Nazis raus!“

Es ist ein Eklat, der sich am Freitagmittag im Landtag abspielt. Das Parlament ist mittlerweile halb leer, weil Lehmann eine Rede hält, die die meisten Abgeordneten als Zumutung empfinden. Schon früher fiel der AfD-Mann auf, weil er im Landtag Flüchtlinge als „Ficki-Ficki-Fachkräfte“ diffamierte.

Altersfeststellung von Flüchtlingen ist Thema im Landtag

Nun verfällt er wieder in diese Vulgär-Sprache als er über die Altersfeststellung für minderjährige Flüchtlinge spricht.

Er argumentiert, deutsche Behörden würden die Alterskontrolle bei minderjährigen Flüchtlingen nicht ernst genug nehmen. So könnten zu viele Ausländer die Justiz täuschen. „Erwachsene ausländische Straftäter haben vor Gericht wesentlich mildere Strafen zu erwarten“, so Lehmann.

„Sie genießen das Jugendstrafrecht, genauso wie der angeblich 15-jährige Mörder von Mia aus Kandel.“ Lehmann bezieht sich dabei auf den Todesfall eines 15-jährigen Mädchens in Rheinland-Pfalz im Dezember.

AfD-Mann beschuldigt andere Parteien

Lehmann sagt im Magdeburger Landtag: „In all diesen Fällen kann man symbolisch sagen: Sie alle von den bremsenden Altparteien – schauen Sie mal auf Ihre Hände – haben politisch, symbolisch Blut daran kleben von den getöteten Opfern der Deutschen in den letzten Jahren.“

Da reicht es vielen Abgeordneten schon längst, aber Lehmann ist noch nicht fertig. Er schlägt vor, dass der Kinderkanal von ARD und ZDF doch „eventuell in Ficki-Ficki-Anleitungs-TV“ umbenannt werden solle, weil dort das Öffnen von BHs gezeigt werde. Der Bogen ist überspannt. Abgeordnete verlassen des Saal.

Cornelia Lüddemann: „Er ist eine Schande für unser Parlament“.

„Ihre Ausdrucksweise ist eines Parlamentes unwürdig“, schimpft SPD-Mann Andreas Steppuhn. Und Sebastian Striegel (Grüne) sagt: „Wenn Lehmann diese Rede auf dem Domplatz halten würde, wäre es Volksverhetzung.“

Er greife sehr bewusst die Würde des Landtags an. Grünen-Chefin Cornelia Lüddemann nennt Lehmann „eine Schande für unser Parlament“.

Dass dessen Würde gewahrt bleibt, ist Aufgabe des Präsidiums. Als Lehmann redet, leitet eigentlich sein Parteikollege und Vize-Präsident Willi Mittelstädt die Sitzung.

Sitzung im Landtag wird unterbrochen

Er reagiert aber nicht - letztlich muss Landtags-Präsidentin Gabriele Brakebusch (CDU) eingreifen. Sie veranlasst eine Unterbrechung: Der Ältestenrat soll den Eklat beraten. Das Gremium zieht sich eine Stunde lang zurück.

Dabei ist Lehmann schon lange als Härtefall in der AfD-Fraktion bekannt. Optisch fiel er seit dem Parlamentseinzug im März 2016 auf, weil er auch im Landtag gerne Lederjacke trug.

Wer ist Mario Lehmann?

Der 48-Jährige Kriminalhauptkommissar aus Quedlinburg (Harz) gilt nicht nur als Provokateur, sondern auch als Strippenzieher in der AfD. Er sitzt im Landesvorstand - genau wie seine Tochter Lisa. Diese wiederum ist liiert mit Landespartei-Chef André Poggenburg. Nicht verwunderlich, dass Mario Lehmann als enger Vertrauter Poggenburgs gilt.

Nach der Unterbrechung der Landtags-Sitzung spricht Brakebusch bebend. „Das ist ein freies Parlament, aber Freiheit ist nicht grenzenlos.“ Ein Appell des Anstands, nicht mehr.

Fraktionsübergreifend gibt es am Freitag Unverständnis darüber, dass Brakebusch keine Sanktion gegen AfD-Mann Lehmann ausspricht. Sicher ist: Die Frage des Umgangs wird erneut auf den Tisch kommen. (mz)