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Marcus Pretzell  AfD-Frontfrau Petry und Marcus Pretzell im Interview

Von Melanie Reinsch 24.03.2016, 12:29
Frauke Petry und Marcus Pretzell
Frauke Petry und Marcus Pretzell dpa

Berlin - Als die AfD-Chefin Frauke Petry im Oktober 2015 offiziell die Trennung von ihrem Ehemann verkündete, waren nicht wenige erstaunt: Eine Frau und Mutter von vier Kindern, die sich für traditionelle und christliche Werte, für die Ehe und gegen die Unterstützung von Alleinerziehenden stark macht und die Abtreibungsregeln  verschärfen möchte, trennt sich nach mehr als 14 Jahren Ehe von ihrem Mann?

Das konnten viele zu Recht schwerlich zusammenbringen. Eine gescheiterte Vorzeigefamilie? Das passte nicht.

Gespräch mit „Powerpaar“

Rund sechs Monate später hat Frauke Petry nun dem  bekanntesten deutschen Promi-Magazin „Bunte“, zusammen mit ihrem neuen Lebensgefährten und Parteikollegen Marcus Pretzell, ein Interview gegeben. Vielleicht ein Versuch, das angeknackste Familienbild gerade zu rücken, das so gar nicht zur Leitlinie der AfD passt.

Viel Liebe, dazu ein wenig  Skandal, irgendwas mit Trennung und ordentlich viel Berühmtheit - es sind genau die Zutaten, die es braucht, um als Polit-Prominenter für so ein Interview interessant zu werden. All das erfüllen die beiden.  Es ist das erste Mal, dass Frauke Petry und Pretzell, AfD-Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen, derart persönlich über ihre Beziehung zueinander reden.

Geführt wurde das Interview noch vor den Landtagswahlen am 13. März. Ein Wohlfühl-Interview mit  lächelnden Gesichtern eines umstrittenen „Powerpaares“, wie die Autoren das Petry-Pretzell-Duo nennen, das sich beim Fotoshooting leger  in Jeans auf dem Parkettboden gegenüber sitzt.  Die beiden könnten so auch Werbung für eine Design-Möbelmarke machen.  „Mädchenhaft und zart“ erscheine Petry neben Pretzell, der sonst als „ungehobelter Provokateur“ auftrete und nun neben seiner Partnerin seinen „Charme bemühe“, schreiben die Autoren.

Petry zeigt sich verletzlich

Betont verletzlich zeigt sich Petry daher auch in dem Interview, spricht davon, dass Kritik nicht komplett an ihr abperle, dass sie auch Angst um ihre Kinder habe. Es gehöre aber zum politischen Spiel, den Gegner vor allem persönlich anzugreifen. Man wolle sie persönlich diskreditieren, glaubt sie. Sie hingegen wolle lieber sachlich diskutieren. Nie käme sie auf die Idee, Angela Merkel als „Privatperson anzugreifen“, kokettiert sie.

Und sie nennt Gründe für ihre gescheiterte Ehe: „Mein Mann war meine Jugendliebe, wir hatten uns auseinandergelebt“, lässt sie wissen. Marcus sei Anlass, aber nicht der Grund für die Trennung gewesen. Sie habe ihre Familie nicht für ihre Liebe verlassen, verkündet  Petry in dem dreiseitigen Interview und schlägt damit einen Bogen zu der Kritik, dass sie ihre Familie alleingelassen habe.

Petry schätzt „männliche Stärke“ an Pretzell

Zu Beginn hätten sich beide nicht ausstehen können, erzählt  die 40-Jährige. Liebe auf den ersten Blick sei es nicht gewesen. „Männliche Stärke“, das ist es, was Petry an ihrem neuen Lebenspartner schätze.

„Ich fand Frauke immer attraktiver. Sie hat so etwas dämonenhaft Schönes. Ich habe eine Schwäche für intelligente Frauen. Das finde ich sexy“, sagt  der 42-Jährige Pretzell  schwärmerisch über die Zeit, als sie sich in der Opposition „Bälle zugespielt haben“. Es war auch die Zeit des Flügelstreits innerhalb der Partei, als Petry gegen Bernd Lucke, Mitbegründer der Alternative für Deutschland, antrat. 

Petry nutzt das Interview, um sich von Beatrix von Storch, AfD-Europaabgeordnete, zu distanzieren, die bei Facebook vor einigen Wochen den Schusswaffengebrauch auf Kinder und Frauen befürwortete. „Was Beatrix von Storch gesagt hat, war katastrophal“, macht Petry einen kurzen Exkurs zur Politik, einer der wenigen in dem Interview.

Marketing in reinster Form

Die Veröffentlichung ist für Pretzell und Petry – aber vor allen für die AfD – ein perfekter Zeitpunkt. Denn es ist Marketing in seiner reinsten Form. Nach der Wahl ist vor der Wahl: Im September stehen Landtags- und Abgeordnetenhauswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin an. Dass sie in die Regierung will, daraus macht die AfD-Frau keinen Hehl.

Petry, oft als arrogante, intrigante Eiskönigin bezeichnet, kann hier mit ihrer ganz persönlichen Liebesgeschichte bei der Leserschaft versuchen zu punkten – und ihre eiskalte Politik außen vor lassen. Leider kommt der kleine Infokasten „Was will die AfD  wirklich“ am Ende des Interviews  daher viel zu kurz: EU auflösen, aus dem Euro austreten, die Frauenquote abschaffen, Abtreibungen erschweren, Deutsche Grenzen schließen, Zuwanderung stoppen.

Es hätte dem Interview gut getan, hätten die Redakteure sich getraut, Petry und Pretzell auch mit diesen Themen zu konfrontieren und das Politische nicht nur in einer kleinen Box zu versenken. Vermutlich wäre es dann allerdings mit der Kuschelatmosphäre und den verliebt lächelnden Gesichtern vorbei gewesen.