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Abhör-Affäre der NSA Abhör-Affäre der NSA: Amerika fürchtet Schaden

Von Damir Fras 27.10.2013, 19:07
Am Wochenende demonstrierten vor dem Kapitol in Washington etwa 2 000 Menschen gegen die Ausspähaktionen der NSA.
Am Wochenende demonstrierten vor dem Kapitol in Washington etwa 2 000 Menschen gegen die Ausspähaktionen der NSA. dpa Lizenz

Washington/MZ - Mehr als vier Monate nach den ersten Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden scheint in der US-Regierung die Einsicht zu wachsen, dass die Abhör-Affäre schweren außenpolitischen Schaden anrichten dürfte. Zwar äußerte sich US-Präsident Barack Obama in der Öffentlichkeit noch nicht persönlich zu den jüngsten Vorwürfen, wonach sein Geheimdienst NSA über Jahre hinweg ausländische Spitzenpolitiker abgehört hat. Doch eine Sprecherin des US-Außenministeriums räumte inzwischen ein, dass zahlreiche verbündete Regierungen heftige Kritik an den Lauschangriffen übten.

Das dürfe aber die Zusammenarbeit bei Themen wie Syrien, dem Iran oder die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der Vereinigten Staaten mit der Europäischen Union nicht behindern, sagte Jennifer Psaki: „Das wäre wirklich ein Fehler.“ Der Unmut im Ausland dürfte noch stärker werden, sollte die Vorhersage der Sprecherin wahr werden. Psaki sagte, angesichts der Menge an Geheimmaterial, das Snowden besitze, seien neue Vorwürfe gegen die Vereinigten Staaten zu erwarten.

Auch Ex-Außenministerin Madeleine Albright sagte, ihr Amtsnachfolger John Kerry werde es nun sehr viel schwerer haben als zuvor, US-Interessen im Ausland zu vertreten. Die jüngsten Enthüllungen dürften aber niemanden überraschen, sagte Albright: „Staaten spionieren sich gegenseitig aus.“ Sie selbst sei etwa vor einigen Jahren Opfer einer Abhöraktion der Franzosen geworden, sagte die frühere Ministerin von Präsident

Bill Clinton.

In den USA selbst zeichnete sich eine leichte Veränderung des Meinungsbildes gegenüber der Schnüffelei der NSA ab. Leitmedien, die bislang eher gelassen mit den außenpolitischen Folgen der Affäre umgingen, forderten nun erstmals Konsequenzen. Die „New York Times“ schrieb, die Überwachung ausländischer Regierungschefs unterminiere das Vertrauen der Verbündeten und ihre Bereitschaft, vertrauliche Informationen im Kampf gegen den Terrorismus auszutauschen. Präsident Obama müsse aufhören, in vagen Worten über die Balance zwischen nationalen Sicherheitsinteressen und der Privatsphäre zu sprechen. Obama müsse stattdessen substanzielle Richtlinien erlassen, um die NSA-Überwachungsprogramme im In- und Ausland unter Kontrolle zu bringen, schrieb das Blatt, das bislang nicht für harsche Kritik am Präsidenten bekannt war.

Außenamtssprecherin Psaki kündigte zwar an, dass der Präsident eine Überprüfung der Geheimdienstarbeit anstrebe, ging aber nicht ins Detail. Jedoch werde die US-Regierung weiterhin jene Informationen sammeln, „die für unsere Sicherheit und die unserer Verbündeten nötig ist“.

Möglicherweise wird der US-Kongress der Sammelwut Grenzen setzen. Der republikanische Abgeordnete Jim Sensenbrenner will in dieser Woche zusammen mit Kollegen aus beiden US-Parteien einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Möglichkeiten der NSA einschränken soll, praktisch unkontrolliert Daten zu sammeln. Sensenbrenner ist einer der Autoren des sogenannten Patriot Acts. Das Gesetzespaket wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erlassen. Sensenbrenner sagte nun aber, der Patriot Act lasse Datensammlungen gar nicht in dem Umfang zu, wie sie die NSA betreibe. Unklar blieb, ob der neue Gesetzentwurf das US-Parlament passieren wird. Im Juli scheiterte eine ähnliche Initiative, die - wie Sensenbrenners Vorschlag - vor allem auf die Arbeit der NSA im Inland abzielte.

Der Widerstand der Bürger gegen die NSA ist in den Vereinigten Staaten weiterhin nur schwach ausgeprägt. Bei einer Protestaktion in der US-Hauptstadt Washington verlangten am Wochenende nur etwa 2?000 Demonstranten ein sofortiges Ende der Schnüffelei. „Wir fordern vom Kongress sofortige Maßnahmen, um die Überwachung zu beenden, und einen öffentlichen Rechenschaftsbericht über die Datensammel-Programme von NSA und FBI“, hieß es in einem offenen Brief der Organisation „Stop watching us“ („Hört auf, uns zu überwachen“), die die Demonstration vor in Washington veranstaltete. „Nicht nur wir Amerikaner sind in dem Netz gefangen. Wir müssen auch im Namen der restlichen Welt Widerstand leisten“, sagte einer der Redner während der Protestaktion.