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27. September 2009 27. September 2009: CDU und FDP können regieren

27.09.2009, 08:07
Bundeskanzlerin und CDU-Parteichefin Angela Merkel erhält am Sonntag in Berlin auf der Bühne im Konrad-Adenauer-Haus von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla einen Blumenstrauß. (FOTO: DPA)
Bundeskanzlerin und CDU-Parteichefin Angela Merkel erhält am Sonntag in Berlin auf der Bühne im Konrad-Adenauer-Haus von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla einen Blumenstrauß. (FOTO: DPA) dpa

Berlin/dpa. - Die CDU/CSU fuhr amSonntag zwar ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 ein. Dies wurdeaber durch das beste Abschneiden der von Guido Westerwelle geführtenFDP in ihrer Geschichte ausgeglichen. Ein Desaster erlebten die SPDund ihr Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier.

Die Sozialdemokraten erzielten das schlechteste Ergebnis in derNachkriegsgeschichte und müssen nach elf Jahren an der Macht wiederin die Opposition. Die SPD verlor mit 11,2 Punkten so viel wie niezuvor eine Partei bei einer Bundestagswahl. Merkel und Westerwellekündigten zügige Koalitionsverhandlungen an.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die CDU/CSU auf33,8 Prozent (2005: 35,2), die SPD auf 23,0 (34,2) und die FDP auf14,6 Prozent (9,8). Die Grünen erreichten 10,7 Prozent (8,1), dieLinken 11,9 Prozent (8,7). Die auf Internetthemen spezialisiertePiratenpartei erzielte mit 2,0 Prozent einen Achtungserfolg. DurchÜberhangmandate kommt Schwarz-Gelb im 17. Bundestag zusammen auf 332Mandate gegenüber 290 für Rot-Rot-Grün. Die CDU/CSU erringt 239(2005: 226) und die SPD 146 (2005: 222) Sitze. Die FDP kommt auf 93Mandate (61), die Grünen auf 68 (51) und die Linke auf 76 (54)Mandate. Die Wahlbeteiligung erreichte mit knapp 70,8 Prozent (2005:77,7) einen Tiefstand.

FDP holt bestes Ergebnis ihrer Geschichte

Die FDP holte das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Grüne und Linkeerzielten ebenfalls Rekordergebnisse, konnten angesichts desAbsturzes der SPD Schwarz-Gelb aber nicht verhindern. CDU-ChefinMerkel wurde als sechster Regierungschef nach Konrad Adenauer (CDU),Willy Brandt, Helmut Schmidt (beide SPD), Helmut Kohl (CDU) undGerhard Schröder (SPD) im Amt bestätigt.

Die Union konnte aber nur bedingt von den hohen Popularitätswertender Kanzlerin profitieren. Auch die CSU in Bayern musste einenTiefschlag einstecken. Sie erreichte nach dem vorläufigen amtlichenEndergebnis nur 42,6 Prozent und schnitt damit noch schlechter ab alsbei der Landtagswahl im vergangenen Jahr.

Schwarz-Gelb auch im Kieler Landtag mit Mehrheit

Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein blieb die CDU unterMinisterpräsident Peter Harry Carstensen laut vorläufigem amtlichenEndergebnis trotz erheblicher Verluste mit 31,5 Prozent stärksteKraft. Sie kann aber dank eines hervorragenden FDP-Ergebnisses von14,9 Prozent auch an der Förde mit den Liberalen regieren. DieMehrheit von Schwarz-Gelb im Kieler Landtag beträgt 49 zu 46 Sitzen.Die SPD stürzte auf 25,4 Prozent ab. Die Grünen holten 12,4, dieLinke 6,0 und der Südschleswigsche Wählerverband SSW, für den dieFünf-Prozent-Hürde nicht gilt, 4,3 Prozent.

Die Landtagswahl in Brandenburg gewann nach dem vorläufigenEndergebnis die SPD von Ministerpräsident Matthias Platzeck mit 33,0Prozent vor der Linken, die auf 27,2 Prozent kam. Die CDU erreichte19,8 Prozent, die Grünen 5,6 und die FDP 7,2 Prozent. Damit kannPlatzeck wie bisher mit der CDU weiterregieren oder eine Koalitionmit der Linken schmieden.

Merkel: Wir haben etwas Tolles geschafft

 Merkel zeigte sich erfreut über die schwarz-gelbe Mehrheit imBund: «Wir haben etwas Tolles geschafft. Wir haben es geschafft,unser Wahlziel zu erreichen, eine stabile Mehrheit in Deutschland zuschaffen in einer neuen Regierung.» CSU-Chef Horst Seehoferbezeichnete das Bayern-Ergebnis als «insgesamt enttäuschend».

Merkel ging von strittigen Koalitionsverhandlungen mit der FDPaus. «Wir werden über einige Punkte natürlich auch streiten müssen»,sagte sie in der «Berliner Runde» von ARD und ZDF. Sie wolle aber«schnell und zügig verhandeln». Merkel und Westerwelle kündigten an,ihre Wahlprogramme, die zum Beispiel in der Frage des Umfangs vonSteuersenkungen kontrovers sind, durchsetzen zu wollen. Westerwellewertete das FDP-Abschneiden als «herausragend». Dieses bedeute aberauch Verantwortung. «Wir wollen jetzt Deutschland mitregieren.»Notwendig seien eine faires Steuersystem, bessere Bildungschancen unddie Respektierung der Bürgerrechte.

Steinmeier will Fraktionschef werden - Gegenwind für Müntefering

Kanzlerkandidat Steinmeier, der in der SPD-Zentrale trotz desDebakels frenetisch gefeiert wurde, kündigte an, Fraktionschef imBundestag und damit Oppositionsführer zu werden. «Das Ergebnis istein bitterer Tag für die deutsche Sozialdemokratie.» Steinmeier sagteder neuen Regierung eine harte Opposition voraus: «Die haben jetzt zubeweisen, dass sie es können.» SPD-Chef Franz Müntefering legte sichnicht fest, ob er sich beim Parteitag im November zur Wiederwahlstellen wird. Er stehe für die Aufgaben zur Verfügung, die für diePartei nun wichtig seien, sagte er. Nach dpa-Informationen drängtenführende Sozialdemokraten aller Flügel am Sonntagabend intern aberauf einen personellen Neuanfang.

Der Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine zeigte sich erfreut überdas starke Abschneiden seiner Partei. «Die Linke ist etabliert»,sagte er in Berlin. Fraktionschef Gregor Gysi betonte: «Wir haben dieganze Gesellschaft durcheinandergebracht - und das wurde auch höchsteZeit.» Wie die SPD kündigten auch die Grünen einen hartenOppositionskurs an. «Wir werden die Schwarzen und die Gelben vor unshertreiben», sagte ihr Spitzenkandidat Jürgen Trittin. Er gabindirekt der SPD die Schuld am Sieg von Schwarz-Gelb: «Wir habengrandios zugelegt, aber wir konnten nicht das ausgleichen, was anderekatastrophal verloren haben.»

Insgesamt waren am Sonntag 62,2 Millionen Bundesbürger zur Wahlaufgerufen. Für die 598 Sitze im Bundestag, die durch 24Überhangmandate auf 622 anstiegen, bewarben sich 3556 Kandidaten.Zugelassen waren 27 Parteien. Überhangmandate entstehen, wenn einePartei in einem Bundesland über die Erststimme mehr Direktmandateholt als ihr an Sitzen nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen.

Mehrheit für Schwarz-Gelb im Bundesrat zeichnet sich ab

Das Regieren wird für Schwarz-Gelb dadurch leichter, dass Unionund FDP im Bundesrat eine Mehrheit haben werden. Diese kommtzustande, weil es auch in Schleswig-Holstein eine Mehrheit fürSchwarz-Gelb gibt. Damit haben Union und FDP 37 Stimmen in derLänderkammer - die absolute Mehrheit liegt bei 35.

Dem Sonntag war ein spannungsarmer Wahlkampf vorausgegangen. DieSPD warf der Union vor, einer inhaltlichen Auseinandersetzungauszuweichen. Merkel stellte die Frage, wie Deutschland erfolgreichaus der scharfen Wirtschaftskrise kommt, in den Mittelpunkt ihrerKampagne. Weitere Wahlkampfthemen waren die Atompolitik, derBundeswehr- Einsatz in Afghanistan und die Steuerpolitik. Vor allemCSU und FDP pochten auf schnelle Entlastungen für Unternehmen undBürger.

Anhänger der FDP jubeln am Sonntag in Berlin bei der Wahlparty nach der Veröffentlichung der ersten Hochrechnung. (FOTO: DPA)
Anhänger der FDP jubeln am Sonntag in Berlin bei der Wahlparty nach der Veröffentlichung der ersten Hochrechnung. (FOTO: DPA)
dpa
Anhänger der SPD reagieren am Sonntag (27.09.2009) in Berlin im Willy-Brandt-Haus auf die ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl. (FOTO: DPA)
Anhänger der SPD reagieren am Sonntag (27.09.2009) in Berlin im Willy-Brandt-Haus auf die ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl. (FOTO: DPA)
dpa