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Pharma Pharma: Serumwerk droht Aderlass

Von STEFFEN HÖHNE 20.09.2009, 17:45

BERNBURG/MZ. - Die Entwicklung des Pharma-Unternehmens nach der Wende ist durchaus eine Erfolgsgeschichte. Diese Arbeit wird durch einen Gesellschafterstreit jedoch gefährdet. Fänger - und mit ihm 60 Prozent der Gesellschafter - haben sich mit ehemaligen Managern, die gleichzeitig Anteilseigner sind, derart zerstritten, dass nur noch über Gerichte miteinander gesprochen wird. Es geht um Macht, persönliche Feindschaften, gegenseitige Vorwürfe des Missmanagements und letztendlich um die Zukunft des Serumwerkes.

Um den Streit und die Probleme zu verstehen, muss man einige Jahre zurückgehen. Im Jahr 2001 sind große Gesellschafter aus dem Unternehmen ausgestiegen. Der Pharmakonzern Fresenius stand bereit, das Serumwerk zu kaufen. Fänger und das damalige Management wollten jedoch die Eigenständigkeit sichern. Dazu wurde eine aus heutiger Sicht verworrene Unternehmensstruktur mit einer Holding-Gesellschaft geschaffen. Fänger, der damalige Finanzchef Uwe Heinze, Vorstand Robert Stöcklinger, der Wirtschaftsprüfer Torsten Darger sowie weitere Mitarbeiter pumpten Geld als stille Beteiligung in das Unternehmen.

In der Folge kam es im Management jedoch zum Bruch. Es ging um Vorwürfe von Schwarzgeld, Vetternwirtschaft und Steuerhinterziehung. Fänger warf Heinze vor, eine schwarze Kasse mit mehreren zehntausend Euro angelegt zu haben. Es folgte die fristlose Kündigung. Heinze wiederum beschuldigt Fänger, das Geld beiseite geschafft zu haben. Eine gerichtliche Auseinandersetzung endete mit einem Vergleich. Auch Vorstand Stöcklinger musste auf Drängen des Aufsichtsrates gehen. Eine Wirtschaftsprüfung bescheinigte Fänger, sich korrekt verhalten zu haben. Dennoch wird seit Jahren vor Gericht gestritten.

Unstrittig scheint unter den Beteiligten nur eines: Sie können nicht mehr gemeinsam zum Wohle des Unternehmens agieren. Nach dem Tod eines Gesellschafters müssen nun bis Februar 2010 die Dachgesellschaft aufgelöst und die Gesellschafter ausgezahlt werden. "Eine Minderheit der Anteilseigner will das Unternehmen komplett verkaufen. Damit würde das Werk seine Eigenständigkeit verlieren ", sagt Fänger. "Hier wird eine Kampagne gegen mich und das Unternehmen geführt." Der Betriebsrat stellte sich hinter den Firmenchef.

Doch die Minderheit besitzt mehr als ein Drittel der Anteile und kennt nur ein Ziel: "Herr Dr. Fänger darf nicht länger Vorstandschef bleiben", sagt Darger. Er wirft Fänger vor allem Missmanagment vor. "Das Serumwerk war in den 90er Jahren ohne Verbindlichkeiten und hat jetzt einen Schuldenberg von 30 Millionen Euro angehäuft", so Darger. So habe das Unternehmen das Bildungs- und Gesundheitszentrum Acamed in Neugattersleben (Salzlandkreis) mit zugehörigem Golfplatz erworben. Nach Dargers Ansicht rechnet sich dies nicht. "Was will ein Pharma-Unternehmen mit einem Golfplatz?" Auch Wirtschaftsprüfer Darger will, dass das Serumwerk unabhängig bleibt. Er bietet sich selbst als Käufer an.

Den künftigen Weg sehen beide Parteien sehr unterschiedlich. Fänger würde die unliebsamen Gesellschafter am liebsten auszahlen. "Das Serumwerk erwirtschaftet Gewinne und findet neue Anteilseigner", so Fänger. Darger, Heinze und Stöcklinger betreiben dagegen die Ablösung Fängers. Eine Einigung scheint kaum möglich.

Dies könnte das Werk in die Bredouille bringen. Die Serumwerk AG hat nach MZ-Informationen bei der Holding Schulden. Müssen alle Gesellschafter ausgezahlt werden, könnte es finanziell eng werden. Fänger will Schaden abwenden: "Die Firma bleibt von dem Streit unberührt." Darger meint dagegen: "Mit Fänger an der Spitze kommt das Serumwerk in Teufels Küche."