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Otto Wolff von Amerongen Otto Wolff von Amerongen: Ein Grenzgänger im Kalten Krieg

Von Jürgen Sussenburger 09.03.2007, 19:23

Köln/MZ. - Als "Grenzgänger" und "Brückenbauer" zum Osten bemühte sich Otto Wolff im Kalten Krieg um geschäftliche und politische Kontakte zu den kommunistischen Staaten, die in Aufsehen erregenden Handelsverträgen mündeten. Moskau wurde zu einer festen Station seiner Reisen. Im Bonner Kanzleramt ging der Kölner Unternehmer ein und aus, mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker sprach er auf der Leipziger Messe. Der heimliche "Osthandelsminister" Wolff wurde für die "Geschäfte mit Kommunisten" zuweilen hart kritisiert - im eigenen Land und vor allem von den Amerikanern. Doch der Ost-Ausschuss-Vorsitzende erwarb sich zugleich ein so großes Ansehen, dass der US-Ölmulti Exxon ihn als ersten Ausländer überhaupt in den Aufsichtsrat berief. Darauf war Wolff stets sehr stolz. Neben der Leitung seiner eigenen Firmengruppe, der er bis zuletzt als Geschäftsführer vorstand, gehörte er in seiner beruflichen Karriere etwa 40 Aufsichtsräten oder Beiräten an.

Als Wolff mit nur 22 Jahren die familiäre Eisenhandelsfirma übernehmen musste, halfen ihm sein Arbeitseifer, die rheinische Lebhaftigkeit und sein waches Interesse, das ihn vorantrieb. "Ich war zunächst ein fauler Hund", erzählte der Rheinländer einmal unverblümt, "aber durch den frühen Tod meines Vaters 1940 bin ich zur Arbeit gezwungen worden. Und dann habe ich mich daran gewöhnt."

Während der Kriegszeit war Otto Wolff als Repräsentant der Firma in Lissabon tätig, von 1945 bis 1947 wurde er von den Alliierten interniert. Später wurde enthüllt, dass die Otto-Wolff-Gruppe mit den Nazis kooperierte, indem sie Wertgegenstände deportierter Juden verkaufte.

Weltläufig, zur Selbstironie fähig, selbstbewusst, finanziell und parteipolitisch unabhängig, folgte Wolff nach dem Krieg dem Osteuropa-Vermächtnis seines Vaters, der schon vor dem Krieg in Russland Teilstrecken der mandschurischen Eisenbahn gebaut hatte. Otto Wolff, der nie ein Kind von Traurigkeit war, pflegte gute Kontakte zu allen sowjetischen Regenten. Unbequem war er als überzeugter Freihändler in seiner Funktion als Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und Präsident der Kölner IHK, wenn er mit der Politik "Tacheles" redete. Sein steter Kampf gegen Subventionen und Protektionismus haben ihm Anerkennung, aber nicht nur Freunde gebracht. Die Dominanz der Gruppeninteressen in der Politik waren eine enttäuschende Erfahrung für ihn.

In der 80er Jahren bekam sein Ruf als Unternehmer ein paar Kratzer. Als er 1989 seine Otto Wolff AG an Thyssen verkaufte, da schien der Unternehmer, begeisterte Sportler und schillernde "Wirtschafts-Diplomat" Otto Wolff reif für den Ruhestand zu sein. Dort kam er aber nicht an. Er baute statt dessen einen neuen Firmenverbund auf.