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Obdachlosen ein Lächeln schenken Obdachlosen ein Lächeln schenken: "Barber Angels" auf Mission in Sachsen

06.01.2019, 10:29
Friseurin Claudia Mihaly-Anastasio sitzt in ihrer Lederkutte im Friseursalon. Sie engagiert sich als «Barber Angel», ein Friseurengel, der in der Freizeit ehrenamtlich Obdachlosen und Bedürftigen die Haare schneidet.
Friseurin Claudia Mihaly-Anastasio sitzt in ihrer Lederkutte im Friseursalon. Sie engagiert sich als «Barber Angel», ein Friseurengel, der in der Freizeit ehrenamtlich Obdachlosen und Bedürftigen die Haare schneidet. dpa-Zentralbild

Wenn Claudia Mihaly-Anastasio aus Freital bei Dresden ihre Lederkutte überstreift, wird die Friseurin zu „Merida“ - die „Unerschrockene“. Sie ist ein „Barber Angel“, ein Friseurengel, der in der Freizeit ehrenamtlich Obdachlosen und Bedürftigen die Haare schneidet.

„Wir Friseure haben wenig Geld, aber wir haben eine Gabe: Wir können unser Können spenden und ein Lächeln in die Gesichter unserer Gäste zaubern“, sagt Mihaly-Anastasio, Chefin der „Barber Angels“ in Sachsen. Mitte Januar macht die Initiative erstmals im Freistaat Station.

„Die Aktion soll würdevoll ablaufen. Wir wollen unsere Gäste nicht wie in einem Schaukasten präsentieren“

Die Friseure der besonderen Bruderschaft kommen nach Dresden und wollen Bedürftigen mit einem gepflegten Aussehen ein wenig Selbstwertgefühl zurückgeben. Der genaue Termin und der Ort werden nicht veröffentlicht, weil die Friseure keine Schaulustigen haben wollen. „Die Aktion soll würdevoll ablaufen. Wir wollen unsere Gäste nicht wie in einem Schaukasten präsentieren“, erklärt die 44-Jährige.

Claus Niedermaier, Figaro aus Biberach (Baden-Württemberg), hat die „Barber Angels Brotherhood“ Ende 2016 gegründet. Nach einer TV-Reportage über Obdachlose trommelte er einige Kollegen zusammen und legte los. Inzwischen sind rund 250 Friseure Mitglied in der Bruderschaft. Nach eigenen Angaben haben die Friseurengel bei mehr als 150 Einsätzen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und auf Mallorca gut 15 000 wohnungslosen und bedürftigen Menschen kostenlos Haare und Bärte geschnitten.

Mihaly-Anastasio, die bereits mit zwölf Jahren im Friseursalon ihrer Tante gearbeitet hat, ist seit mehr als einem Jahr ein „Barber Angel“. Immer wieder fährt sie auf eigene Kosten am Wochenende durch Deutschland zu den Treffen und schneidet Haare, stutzt Bärte oder verwöhnt die Obdachlosen mit einer Kopfmassage. Die 44-Jährige hat die Erfahrung gemacht, dass diese sich nach dem Haarschnitt oder der Rasur besser fühlen und mehr Selbstbewusstsein haben.

„Barber Angels“ noch auf der Suche nach Friseuren, die sich anschließen

Abscheu oder gar Ekel empfindet sie bei den Einsätzen nicht - trotz fettiger oder verfilzter Haare. Auch Ekzeme auf der Kopfhaut bekommen die Angels zu sehen. Das sei aber kein Problem, erläutert Mihaly-Anastasio. „Ich bin Christin, wir wurden alle nackt geboren. Und bei all meinen Einsätzen habe ich noch nie Läuse bei einem Obdachlosen gehabt.“ Dabei seien die Aktionen sehr emotionsgeladen und erforderten ein hohes Maß an Engagement. „Aber ich bekomme immer mehr zurück als ich gegeben habe. Die Dankbarkeit, die aus den Augen unserer Gäste strahlt, kann kein Kunde an der Kasse bezahlen“, sagt die 44-Jährige.

Für den ersten Einsatz in Sachsen sind die „Angels“ noch auf der Suche nach Friseuren, die sich anschließen. „Wir brauchen noch Kollegen, die uns unterstützen“, schildert Gaby Günther, bei den „Barber Angels“ für das Marketing zuständig. „Bevor man aber ein vollwertiges Mitglied wird, muss man zwei bis drei Einsätze als Gast gemacht haben. Erst dann bekommt man die Lederkutte mit dem eigenen Namen.“

Das Auftreten mit der schwarzen Lederjacke erinnert zwar ein wenig an einen Rockerclub. Mit Gesetzlosen haben die „Barber Angels“ aber nicht zu tun. „Es ist eine Art Uniform, die hilft Berührungsängste bei den Gästen abzubauen“, erläutert Günther.

Dem Auftakt in Dresden sollen weitere Einsätze in Sachsen folgen

Für die Premiere in Dresden haben sich die „Barber Angel“ die Diakonie als Partner ausgesucht, weil diese einige Projekte mit Wohnungslosen in der Landeshauptstadt betreut. „Wir haben in unseren Einrichtungen einen Aushang zur Aktion gemacht und verteilen Gutscheine“, berichtet Uta Dutschke von der Diakonie Dresden. Wie viele Menschen kommen werden, sei aber nicht abzuschätzen.

Dem Auftakt in Dresden sollen weitere Einsätze in Sachsen folgen. Die „Barber Angels“ wollen auch nach Leipzig, Chemnitz, Görlitz und Bautzen kommen. „Termine stehen noch nicht fest, es werden noch Gespräche geführt“, so Mihaly-Anastasio.

(André Jahnke, dpa)