Neue Hoffnung für alte Industriebrache
Coswig/MZ. - Auf fast schon skurrile Weise prallen Gegensätze aufeinander. Dort der moderne, benachbarte Einkaufsmarkt, hier ein zerbröselndes Kapitel industrieller Stadtgeschichte, das 1893 ihren Anfang nahm. Zusammen mit dem Eigentümer der Fläche - der Bilfinger-Berger Industrial Services AG mit Stammsitz in München - sucht die Kommune nach einer trag- und vor allem zukunftsfähigen Nachnutzung (die MZ berichtete).
So hatte der Stadtrat am 30. Januar 2007 die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das einstige Korksteinwerk beschlossen. Bereits am 20. Juli 2006 wurde nach einem Votum der Volksvertreter die so genannte Veränderungssperre wirksam, die jetzt noch einmal um zwölf Monate verlängert wurde. "Damit bekommen wir die nötige Zeit, um gründlich planen zu können", sagt Stadtplanerin Antje Helbich. Durch das Veto ist zumindest gesichert, dass keine baulichen Eingriffe vorgenommen werden dürfen, die eventuell die Interessen der Stadt torpedieren könnten. Bürgermeisterin Doris Berlin (parteilos) verweist diesbezüglich auf das Einzelhandels- und Zentrenkonzept, spricht vom Schutz und der sinnvollen Entwicklung der Innenstadt und ihrer Randgebiete. Einen weiteren großflächigen Einkaufsmarkt - wie er von einem Investor schon vorgesehen war - soll es nach dem Willen von Verwaltung und der überwiegenden Anzahl der Stadträte anstelle der Industrieruinen jedenfalls nicht geben. Dass darüber sowohl in der politischen Landschaft der Stadt wie unter Bürgern zuweilen konträr diskutiert wird, liegt in der Natur der Sache.
Immerhin haben Bilfinger-Berger, Stadt und ein Planungsbüro aus Dessau am 9. April dieses Jahres einen Vertrag unterzeichnet, um den Bebauungsplan zu einem Ende zu führen. Die Kosten in Höhe von rund 18 000 Euro wollen sich das Unternehmen sowie die Kommune teilen. Stadtplanerin Antje Helbich wertet die Übereinkunft "als wichtigen Schritt". Mittlerweile hat die Verwaltung drei Entwürfe nach München zur Einsicht geschickt.
Die Varianten listen beispielsweise die Erschließungssituation auf und zeigen Möglichkeiten für eine Bebaubarkeit. Von einem "eingeschränkten" Gewerbegebiet ist die Rede. Handwerk und produzierende Kleinbetriebe sind möglich, solange sie - wie die nahe Tischlerei - keinen übermäßigen Lärm und Schmutz ausstoßen, der angrenzenden Wohnhäuser wegen. Ein Industriestandort im großen Stil, so wie es das Korksteinwerk mit 200 Beschäftigten vor 20 Jahren noch war, ist laut Stadtplanerin hingegen ausgeschlossen.
Die frühere Zweigstelle in der Geschwister-Scholl-Straße, das alte Plattenwerk, ist übrigens nicht Teil der Planungen und dümpelt marode weiter vor sich hin.