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Nachkriegsgeschichte Nachkriegsgeschichte: Als aus Taxifahrern wieder Piloten wurden

Von Karl Morgenstern 21.03.2005, 07:14

Hamburg/dpa. - Ihre Vorgesetzten warenmeist US-Flugkapitäne, die die Fluggesellschaft TWA des exzentrischenMilliardärs Howard Hughes nach Deutschland geschickt hatte.Monatsgehalt: 2100 Dollar. Ihre deutschen Kollegen, die sich in denNachkriegsjahren als Landwirte, Lehrer, Taxifahrer oderFließbandarbeiter durchgeschlagen hatten, wurden in gleicher Höhedotiert - allerdings in D-Mark. Ein US-Dollar entsprach damals 4,20DM. So fing die Fliegerei in Deutschland wieder an.

Vier Jahre vor dem Start einer Convair 340 am 1. April 1955 um7.43 Uhr von Hamburg über Düsseldorf und Frankfurt nach München - dasGegenflugzeug hatte in München eine Minute früher abgehoben - war inKöln das «Büro Bongers» gegründet worden, aus dem am 6. Januar 1953in Köln die «Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf» (Luftag) miteinem Aktienkapital von sechs Millionen DM entstand.

Schon am 26. September 1952 hatte die Bundesregierung die Gründungeiner Vorbereitungsgesellschaft für den geplanten Luftverkehrbeschlossen, obwohl den Deutschen «die Herstellung und der Besitz,die Unterhaltung und der Betrieb von Flugzeugen aller Art» durch dasPotsdamer Abkommen noch verboten war. Noch hatte die Bundesrepublikweder Souveränität noch Lufthoheit. Das alles gab es erst am 5. Mai1955. Zwei Tage später aber folgte schon der erste Charterflug: EineSuper Constellation brachte Bundeskanzler Konrad Adenauer zumStaatsbesuch nach Paris.

Geflogen wurde in Deutschland allerdings längst, ehe die Deutschenwieder offiziell fliegen durften. Das Wirtschaftswunder begann langevor den ersten zaghaften Kranich-Flugversuchen. 1951 beförderten 28ausländische Airlines bereits 1,2 Millionen Fluggäste von denwestdeutschen Flughäfen. Das waren immerhin fünf Mal so viele, wie1938 die alte Lufthansa befördert hatte. Darunter waren nicht nurbekannte Airlines wie SAS, KLM oder Air France, sondern auch Ägypter,Polen, Argentinier oder Südafrikaner.

Doch dann ging alles sehr schnell. Hans M. Bongers, eine derwenigen Persönlichkeiten der schon 1926 gegründeten alten Lufthansa,die sich von der NS-Diktatur nicht hatten missbrauchen lassen und nieMitglied der NSDAP gewesen waren, genoss das Vertrauen derAlliierten. Zu seinen ersten Schritten gehörte die Verpflichtung derIngenieure Gerhard Höltje und Hans Süssenguth - beide trugen späterwesentlich zum Wiederaufstieg der Lufthansa bei.

Der 7. August 1954 wurde zum Meilenstein: Die Deutsche LufthansaAG wurde offiziell gegründet. Am 29. November durften dann inHamburg-Fuhlsbüttel, Deutschlands ältestem immer betriebenenFlughafen, die ersten beiden Convair in den blau-gelben Lufthansa-Farben landen. Und am 8. Juni 1955 flog die erste Super Constellationder Lufthansa von Hamburg über Düsseldorf und das irische Shannonnach New York-Idlewild.

Bereits im Februar 1956 kaufte die Lufthansa vier vierstrahligeBoeing 707 zum Stückpreis von 22 Millionen DM. Das Düsenzeitalterbegann für die Lufthanseaten trotzdem erst am 17. März 1960 auf demNordatlantik. Die beiden Lufthansa-Chefpiloten Rudolf Mayr und WernerUtter hatten die erste Boing 707 am 2. März 1960 in Hamburg-Fuhlsbüttel abgeliefert.

Es war dasselbe Jahr, in dem die Lufthansa mit 1,2 MillionenPassagieren erstmals die Millionen-Barriere meisterte - 44 Jahrespäter waren es 42 Mal so viele. Als vor 50 Jahren alles wiederbegann, wurden lediglich zwölf Flughäfen angeflogen. Und der erstevor fünf Jahrzehnten gedruckte Flugplan war ein kleines Faltblatt undversprach: «Lufthansa - wieder zu Ihren Diensten». Es informierteüber vier Flüge an Werktagen auf innerdeutschen Strecken. Aus fünfLufthansa-Maschinen 1955 wurden in 50 Jahren 254 - für den ganzenLufthansa-Konzern sind heute 380 Turboprop-Flugzeuge und Jets imEinsatz. Und aus den 74 00 Passagieren des ersten Betriebsjahres nachdem Zweiten Weltkrieg wurden 50,9 Millionen.