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Nach Holzmann-Pleite Nach Holzmann-Pleite: Konkurrenz greift nach den Filetstücken

22.03.2002, 17:52
Der Ablauf eines Insolvenzverfahrens
Der Ablauf eines Insolvenzverfahrens dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Für die Belegschaft ist Bundeskanzler Gerhard Schröder rundzweieinhalb Jahre nach seinem spektakulären Rettungseinsatz inFrankfurt erneut die letzte Hoffnung. Einige Banken hätten dessen imNovember 1999 eingefädelte Vereinbarung zur Sanierung Holzmannsaufgekündigt, heißt es in einem Schreiben an den Kanzler. «Wirappellieren deshalb an Sie, mit ihrem Wort, dass Sie uns gegebenhaben, diese Einigkeit wieder herzustellen.» Wie damals sei es «dieUneinigkeit der Banken, die uns um unsere Arbeitsplätze zitternlässt.»

Unterdessen hat der Frankfurter Rechtsanwalt Ottmar Hermann alsInsolvenzverwalter den Holzmann-Beschäftigten Mut zugesprochen. «ImInteresse der Belegschaft möchte ich alle Mittel ausschöpfen, um dieÜberlebensmöglichkeiten des Traditionsunternehmens im Ganzen oder inTeilbereichen festzustellen», sagte Hermann. Nach der Rettung vor derPleite Ende 1999 und der nun gescheiterten Radikalkur arbeiten beiHolzmann insgesamt noch 23 000 Beschäftigte, davon 10 000 im Inland.

Hermann war bereits Ende 1999 für kurze Zeit alsInsolvenzverwalter bei Holzmann bestellt. Damals war derInsolvenzantrag aber wieder zurückgezogen worden. Der Anwalt,Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gilt als einer der prominentenSanierer in Deutschland und ist seit Anfang des Jahres auchInsolvenzverwalter bei den deutschen Töchtern des zusammengebrochenenUS-Energieriesen Enron.

Nach Einschätzung von Branchenexperten haben viele Holzmann-Beschäftigte allerdings durchaus gute Karten, sollten sie wegen derPleite arbeitslos werden. «Große Konzerne wie Philipp Holzmannbeschäftigen überwiegend qualifiziertes Personal», sagte derHauptgeschäftsführer der nordrhein-westfälischen Bauindustrie,Wolfgang Peters, der dpa. Für Facharbeiter und Poliere sehe die Lagetrotz der anhaltenden Branchenkrise besser aus als vor zwei Jahren.

Experten gehen davon aus, dass bis zur Eröffnung desInsolvenzverfahrens Monate vergehen. Bei der Verwertung derVermögenswerte könnte der Konkurrent Bilfinger Berger neben derprofitablen US-Tochter J.A. Jones die Servicetochter HSG übernehmen.Die Mannheimer sind nach Darstellung eines Sprechers an beideninteressiert. Bilfinger Berger werde jedoch nicht «unkontrolliertirgendwelche Altlasten übernehmen». Damit kommt eine vollständigeÜbernahme des Konzerns nicht in Frage.

Unterdessen prüft Strabag den Kauf von Holzmanns StraßenbausparteDeutsche Asphalt. «Strabag hat Interesse an der Deutschen Asphalt»,sagte Vorstandschef Jürgen Kuchenwald der «Financial TimesDeutschland» (Freitagausgabe). «Um wie viele Arbeitsplätze undStandorte es geht, ist noch völlig unklar», sagte Strabag-SprecherRainald Auer.

Den Banken, dem Unternehmensberater Roland Berger - er hatte denaktuellen Sanierungsplan ausgearbeitet - und dem ehemaligen Holzmann-Vorstandsvorsitzenden Konrad Hinrichs warf der Vize-BetriebsratschefWilli Röll Versagen vor. «Sie haben bis zuletzt die Belegschaft, denAufsichtsrat und die Öffentlichkeit über den wahren Zustand desKonzerns und somit über ihre eigene Erfolglosigkeit getäuscht.» Röllerinnerte noch einmal an die von den Beschäftigten geleistetenunbezahlten Überstunden und gestrichene Sozialleistungen: «Und dasalles soll vergeblich gewesen sein?»

Willi Röll, Betriebsratschef bei Holzmann in
Willi Röll, Betriebsratschef bei Holzmann in
dpa