1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. MZ-Serie: MZ-Serie: Kali-Dünger aus Zielitz für die Äcker der Welt

MZ-Serie MZ-Serie: Kali-Dünger aus Zielitz für die Äcker der Welt

Von STEFFEN HÖHNE 17.04.2011, 16:28

ZIELITZ/MZ. - Die bis zu 100 Meter hohen Halden des Salzbergwerks Zielitz nahe Magdeburg sind die höchste Erhebung zwischen Magdeburg und der Ostsee. "Kalimandscharo" werden die künstlichen Berge von den Menschen in der Region genannt. Sie sind das sichtbarste Zeichen einer langen Bergbautradition. 1856 wurde Kali in Staßfurt weltweit erstmals planmäßig abgebaut. Das Werk Zielitz, das zur Kasseler K+S-Gruppe gehört, zählt derzeit zu den größten Kali-Gruben auf der Erde. 90 Prozent der Salze, die unter anderm als Düngemittel dienen, werden exportiert - etwa nach Brasilien, Argentinien und China. Doch wieso sind so rohstoffreiche Länder auf Salz aus Sachsen-Anhalt angewiesen?

600 Kilometer Straße Untertage

Darauf gibt es drei wesentliche Antworten: die Landwirtschaft wird immer mehr industrialisiert, die Vorkommen sind begrenzt und Bergbau ist zunehmend High-Tech-Wirtschaft. Das Grubengebiet in Zielitz umfasst in etwa die Größe der Stadt Magdeburg. In dem erst 1969 eröffneten Werk werden jedes Jahr zwischen elf und zwölf Millionen Tonnen Salz gefördert, aus denen etwa zwei Millionen Tonnen Produkte wie Kalidünger, Industriekali oder hochreines Kalisalz für die Nahrungsmittelproduktion entstehen.

Über einen Schacht fahren die insgesamt rund 1 000 Bergleute in die Grube ein - 700 Meter in die Tiefe. Dort unten befindet sich ein weit verzweigtes Netz von Tunneln. "600 Kilometer Straße haben wir hier", sagt Grubenleiter Ulf Hölzl.

Mit dem Jeep werden die Arbeiter in eines der sieben Abbaureviere gefahren. Jeweils 15 Meter breite und fünf Meter hohe Hohlräume werden täglich an mehreren Stellen gesprengt. Das Salz wird anschließend mit Schaufelladern auf kilometerlange Förderbänder geladen. Trotz der vielen Technik ist die Arbeit für die Bergleute bei 30 bis 50 Grad Celsius alles andere als leicht. "Es gibt für die einzelnen Reviere genaue Vorgaben, wie hoch die Tages- und Monatsproduktion sein muss", sagt Hölzl. Ist eine Maschine defekt, wird sie, falls möglich, gleich in der Untertagewerkstatt repariert. "Ein solches Bergwerk effizient zu betreiben, verlangt einen hohen Kapitaleinsatz", so der Ingenieur.

Auch Übertage, in der Verarbeitung, steckt jede Menge Know-how. Denn das geförderte Salz besteht nur zu etwa einem Fünftel aus Kaliumchlorid. Über mechanische und chemische Trennungen, die auch Trocknungsprozesse einschließt, wird der wertvolle Rohstoff gewonnen. Die Energie, die das Werk für seinen Betrieb benötigt, würde nach Worten von Hölzl ausreichen, um 95 000 Haushalte zu versorgen. Eine gute Infrastruktur sei nötig, um ein solches Werk zu betreiben.

Der "Kalimandscharo" ist eher ein unfreiwilliges Resultat der Produktion. Es ist die Abraumhalde für nicht verwendbare Steinsalze. Das Hauptprodukt von Zielitz ist Dünger. Dieser wird mit Bahn und Schiff über die Elbe zum Hafen Hamburg transportiert und anschließend weltweit verschifft. Die Nachfrage steigt vor allem von Landwirten in Schwellenländern wie Brasilien oder China, sagt K+S-Sprecher Ulrich Göbel. Sie würden den Dünger benötigen, um die Produktion von Nahrungsmitteln zu erhöhen. Der Mineralstoff Kalium erhöht bei Pflanzen den Stoffwechsel. Ein Vergleich: Durch die verbesserte Bodenfruchtbarkeit stiegen seit dem 19. Jahrhundert die Weizen-Erträge in Deutschland von 0,8 Tonnen je Hektar auf sieben und in der Spitze zwölf Tonnen je Hektar.

Kali ist jedoch nicht nur als Dünger gefragt. Auch in der Industrie wird das Salz benötigt. So wird Kali aus Zielitz unter anderem in der Erdölindustrie eingesetzt. Beim Bohren nach Öl und Gas wird es als Spüllösung verwendet. Es sorgt laut Göbel dafür, dass das Bohrgestänge nicht heiß läuft. Abnehmer sind große Bohrfirmen, die in den Scheichtümern im Mittleren Osten arbeiten. Kunden kommen auch aus der Chemie: Hier dient es etwa zur Herstellung von Chlor, dass für chemische Prozesse benötigt wird.

Mit Kali wird auch gekocht

In Zielitz ist vor einigen Jahren ein ganz neues Anwendungsgebiet hinzugekommen. Kali kommt auch auf den Teller. In einem neuen Werk am Standort wird hochreines Kaliumclorid hergestellt, welches zum sogenannnten "Balance Salt" verarbeitet wird. Dieses Mineralsalz hat nur einen Speisesalz-Anteil von 50 Prozent. 44,5 Prozent sind Kaliumchlorid. "Überall dort, wo natriumreduziert gekocht werden soll, kommt unser Produkt zum Einsatz", sagt Göbel. Dies sei kaum bekannt. Nur aufmerksame Verbraucher lesen etwa auf der Inhaltsliste von Lebensmittel-Verpackungen, dass beispielsweise isotonische Getränke für Sportler oft einen höheren Kalium-Anteil besitzen.

K+S rechnet damit, dass die Salzvorkommen in Zielitz noch 40 bis 50 Jahre für einen Bergbau reichen. Viel Arbeit für Hölzl und seine Mitarbeiter: "Damit können wir eine Fläche wie Europa noch ein paarmal düngen und einige Ölquellen gebohrt werden."