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MZ-Berufe-Serie - Teil 4 MZ-Berufe-Serie - Teil 4: Wenn der Hahn tropft

Von RALF BÖHME 19.06.2011, 17:53

Halle (Saale)/MZ. - Linke Hand die Werkzeugtasche, Zwanziger-Schlüssel, Thermosflasche, rechte Hand die Rohrzange, und niemals bange - er ist Klempner von Beruf. Ach, lieber Reinhard Mey, wie alt ist dein fröhliches Liedlein auf das goldene Handwerk schon? Heute heißt das: Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Und damit ist dieses Lehrangebot eines der jüngsten unter den 170 im Lande - freilich auch besonders fordernd, sogar für die Ausbilder.

Eins setzt Innungsobermeister Lothar Dieringer in Halle bei seinen vier Lehrlingen voraus: Liebe zum Handwerk. Sonst sei dieser Job einfach nicht zu packen, betont der Sprecher von 58 Handwerksbetrieben in dieser Branche. Und der Unternehmer begründet seinen hohen Anspruch an den Nachwuchs: "Wer Anlagenmechaniker werden will, lernt zwei Berufe." Heizungs- und Lüftungsbauer zum einen, Gas- und Wasser-Installateur zum anderen - seit 2003 ist das allerdings Vergangenheit, seitdem sind die beiden Berufe zu einem zusammengeführt worden.

Dieringer sieht aber auch ein Problem: "Das ist schon eine ganze Menge, was da in nur dreieinhalb Jahren vermittelt werden muss." Eine Lehrzeit von fünf Jahren wäre optimal. Er wisse natürlich, das sei ein Traum. "Aber dann hätte man beispielsweise auch wieder genügend Zeit, um die hohe Kunst des Schweißens zu erlernen."

Dieringer macht so schnell keiner etwas vor: Lehre, Studium in Erfurt, eigener Betrieb, Prüfer - und trotzdem: Nicht die Note in Mathematik oder überdurchschnittliches Geschick rangiert bei ihm an erster Stelle, wenn es um Lehrlinge geht. "Entscheidend ist der Wille, eine gute Arbeit abliefern zu wollen." Woran aber will der Meister das erkennen?

Der erste Test, der bei Dieringer zu bestehen ist, heißt Pünktlichkeit. "Ohne päpstlich sein zu wollen, aber 6.45 Uhr ist Start - im Betrieb oder gleich auf der Baustelle." Dann geht es an der Seite eines erfahrenen Gesellen durch den Tag. Dabei gilt: über die Schulter schauen und gleich ausprobieren. Überraschungen gehören dazu. "Es gibt tatsächlich junge Leute, die haben noch nie ein Loch in die Wand gebohrt." Wenn schon, denn schon, gibt Dieringer mit auf den Weg: Gründlichkeit ist jeden Klempners, inzwischen Anlagenmechanikers, erste Pflicht. Und mit dem Anziehen einer Mutter ist längst nicht alles in Butter. Wer eine Schelle richtig befestigt, der wechselt an die Metallsäge und bringt Rohre auf das gewünschte Maß - auf den Millimeter genau.

Das ist das eine, aber jetzt kommt das Problem: Welche Rohre? Kupfer passt meistens. Kunststoff ist aber auch nicht verkehrt. Und mit Edelstahl macht man selten etwas falsch. Das ist der Einstieg in eine Vielfalt, sagt Dieringer, die diesen Beruf so unverwechselbar macht.

Mit jedem Monat in der Firma ergänzen sich die einzelnen Handgriffe mehr. Im zweiten Lehrjahr staunt nicht einmal der Lehrling mehr, wenn ihm der Meister sagt: Nun richte mal das Bad ein. Das ist schon eine ziemlich komplexe Aufgabe. Mogeln praktisch ausgeschlossen. Entweder der Hahn tropft oder er tropft nicht, entweder das Wasser kommt und fließt auch problemlos wieder ab - oder eben nicht. "Halbe Arbeit, das geht im Handwerk nicht." Mit diesen einfachen Worten erhebt Dieringer seine Erfahrung zur goldenen Regel. "Der Satz stimmt immer", natürlich auch bei der Installation von Wärmepumpen, Solarelementen oder Brennwert-Kesseln. Mittlerweile ist sogar die computergestützte Fernsteuerung und Überwachung von Heiz- und Klimaanlagen eine fast alltägliche Aufgabe.

Die Hersteller entwickeln immer neue Angebote, die Wünsche der Kunden entfalten sich von Jahr zu Jahr mehr - "und weil das so ist, müssen wir weiterlernen". Wer da Lücken zulässt, kann mitunter richtig Ärger bekommen. Für Streitfälle, wenn Kunden mit Leistungen der Handwerker unzufrieden sind, gibt es eine Schlichtungsstelle. Dieringer ist ihr Vorsitzender und verspricht: "Gemeinsam schaffen wir das Problem aus der Welt." Problemlöser zu sein - das gilt ohnehin als Markenzeichen des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Damit erklärt Reinhard Böttner, der im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer in Stedten (Mansfeld-Südharz) die Ausbildung leitet, auch die hervorragenden Berufsaussichten in der Branche. "Immer werden Hähne tropfen, werden Waschbecken verstopfen", begründet Böttner. Immer gebe es etwas zu schweißen, abzubauen, einzureißen und zu installieren - ob Haushalt oder Kneipe, ob Villa, Hotel oder Büroturm - kaum ein Handwerker sei so nah am Alltag des Auftraggebers. Um in allen Lebenslagen fit zu sein, feilen Handwerkskammer und Innung ständig an den Lehrinhalten. Laufend weiter entwickelte Förderprogramme und gesetzliche Bestimmungen sind ein nicht unwichtiger Grund dafür.

Bisher erschienen: Maurer (30. Mai), Bäcker (6. Juni) und Friseure (14. Juni).