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Maschinenbau Maschinenbau: Leipziger erfand vor 125 Jahren Drahtheften

Von Gudrun Janicke 18.10.2004, 06:25
An einem Sammelhefter ST 100 der Heidelberger Druckmaschinen AG arbeiten Monteure in der Fertigungshalle des Unternehmens in Leipzig. (Foto: dpa)
An einem Sammelhefter ST 100 der Heidelberger Druckmaschinen AG arbeiten Monteure in der Fertigungshalle des Unternehmens in Leipzig. (Foto: dpa) dpa

Leipzig/dpa. - Kaffeefilter, Teebeutel, Zahnpasta oder BH -viele Dinge, auf die heute zum Alltag gehören - sind sächsischemErfindungsreichtum zu verdanken. Meist nur Insidern ist jedoch dieTechnik des Drahtheftens der beiden Leipziger Erfinder Hugo undAugust Brehmer bekannt. Ohne die wäre die moderne Magazin- undBuchherstellung aber kaum noch vorstellbar. Die Seiten vonZeitschriften, Büchern und Broschüren werden mit dieser Technologieseit 125 Jahren verbunden. Das Jubiläum wird am 29. Oktober imLeipziger Werk der Heidelberger Druckmaschinen AG gefeiert.

«Beim Drahtheften geht es um die Verbindung mehrerer Papierseitenmit U-förmigen Klammern aus Stahldraht», sagt der LeipzigerStandortleiter Christian Breyer. Dabei werden die Spitzen derKlammern umgebogen - die Seiten halten zusammen. Der heute inHaushalten oder Büros gebräuchliche «Klammeraffe» arbeitet nach demgleichen Prinzip. Vor der genialen Erfindung wurde mit Faden, Zwirnund Nadeln geheftet.

Die Heidelberger Druck übernahm 1999 den nach der Wende wiederprivatisierten Betrieb, von wo vor 125 Jahren die Erfindung ihrenSiegeszug antrat. Die beiden deutschen Auswanderer-Brüder Brehmerhatten 1879 nach ihrer Rückkehr aus den USA in Leipzig die Fabrikgegründet. Im Gepäck hatten sie ihre Drahthefttechnologie, die dieBuchherstellung nach Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg einweiteres Mal revolutionieren sollte. Im heutigen Werk stehen nochsechs Maschinen aus der Anfangszeit.

«Die Qualität der Maschinen und ihre Effektivität wurdengeschätzt», sagte Breyer. Eine ab etwa 1920 gebaute Drahtheftmaschinewar so erfolgreich und gefragt, dass sie bis 1960 in dem damaligenVEB produziert wurde. Aus dem späteren DDR-Kombinat Polygraph Leipzigstammt eine weitere innovative Technologie. Seit Mitte der 60-erJahre können Seiten auch statt mit Heftklammern mit Spezialfädenverbunden werden. «Ein ideales Verfahren für Schulbücher,Nachschlagewerke, Kataloge oder Kalender», sagt Breyer.

«Mit Brehmer verbindet sich für uns in Sachsen nicht nur einegroße Tradition», sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Gillo(CDU). Dahinter stehe - heute wie vor 125 Jahren - innovativeTechnologie und ein hoch qualifizierter Mitarbeiterstab. «DemVorstand der Heidelberger Druckmaschinen AG ist zu danken, dass erauch in einer für die Branche sehr schwierigen Zeit voll und ganz zudem Werk in Leipzig steht», betonte der Minister.

Heute kommen aus dem Unternehmen, das sich auf einem 70 000Quadratmeter großem Grundstück im Nordosten Leipzig angesiedelt hat,Drahthefter der unterschiedlichsten Baureihen. «Maschinen für kleineAuflagen bis 10 000 Exemplaren aber auch für die industrielleBroschürenfertigung», sagt Breyer. Gerade erst auf Messen präsentiertwurde eine Generation von so genannten Klebebindern. «Sie werden fürdie Herstellung von Taschenbüchern, Magazinen, Geschäftsberichtenoder Imagebroschüren verwendet», sagt der Standortleiter.

In Leipzig gibt es nach Unternehmensangaben rund 300 Mitarbeiterund 37 Lehrlinge. Hauptkunden sind Klein- und Mittelbetriebe, aberauch Großkunden der grafischen Industrie, die bedruckte Bogen zuZeitschriften oder Broschüren weiterverarbeiten.

Der Stadtort gehört zur Sparte Postpress der HeidelbergerDruckmaschinen AG. Im Geschäftsjahr 2003/2004 erzielte die Sparteeinen Umsatz von rund 360 Millionen Euro - rund 12 Prozent desGesamtumsatzes der Gruppe.