Lebensmittelbetrieb Lebensmittelbetrieb: Wurzener sind auf Wachstum programmiert

Wurzen/dpa. - Am Anfang stand eine Vision: Die Ost-Marke «Wurzener» - vormals Inbegriff für Qualität, Kompetenz und Tradition - sollte wieder eine Spitzenstellung am Markt erreichen. Gute zehn Jahre danach gehört die Wurzener Nahrungsmittel GmbH zu den dynamischsten Unternehmen in den neuen Bundesländern. Die beiden Geschäftsführer, Gerlind Braunsdorf und Lothar Petermann, möchten der mehr als 150 Jahre langen Firmengeschichte ein modernes Kapitel hinzufügen.
Das Unternehmen rangiert unter den Top 100 im Osten. Ein anhaltendes zweistelliges Umsatzwachstum pro Jahr sei auch für die Zukunft ins Auge gefasst, sagt die Geschäftsführerin. Solide Basis für den Betrieb mit 100 Mitarbeitern und 11 Lehrlingen ist die Verdoppelung des Umsatzes in den letzten zehn Jahren. 2003 wurden 27 Millionen Euro erreicht. Gegen den allgemeinen Trend legte der Umsatz von «Wurzener» im Einzelhandel seit 1998 um 50 Prozent zu.
Rund 50 Erzeugnisse gehören zur Produktpalette. Im Osten sind die Müslis, Reisspezialitäten, Snacks wie die bekannten Erdnussflips sowie Hülsenfrüchte in jedem Supermarkt zu finden, darunter altbekannte Markennamen wie «KuKo-Reis». Den Kurzkochreis mochten schon Hausfrauen und -männer in der DDR. Weniger bekannt, aber seit 1969 produziert und dann meist unter dem Ladentisch gehandelt: Cornflakes.
Die neuerliche Erfolgsgeschichte der Wurzener begann nach dem Zusammenbruch: Der einst größte Lebensmittelhersteller der DDR war in der Abwicklung, als ihn Ende 1992 die Getreide AG (Rendsburg) erwarb. Der Handel hatte damals fast alle Produkte des Unternehmens aus den Regalen verbannt. Zwei marode Betriebsgebäude mit denkmalgeschützten Mühlentürmen - zugleich Wahrzeichen von Wurzen - und total veraltete Maschinen waren alles, was damals zur Verfügung stand.
«Wir bauen unsere Schlösser nicht selbst, wir erfüllen Kundenwünsche», sagt Gerlind Braunsdorf. Das Schlüsselwort heißt Innovation. «Wir haben unsere Kompetenz unter Beweis gestellt und eigenständige Produkte auf den Markt gebracht. Nach massiven Anfragen gingen wir im Dezember vorigen Jahres mit "KuKo Schnelle Linse" in den Handel. Schon jetzt ist das Erzeugnis fast komplett gelistet», berichtete die Chefin. Ein ähnliches Produkt gab es auch zu DDR-Zeiten.
Bei ständigem Wachsen der Arbeitsproduktivität hat die Wurzener Nahrungsmittel GmbH kein Personal auf die Straße gesetzt. 28 Prozent der Mitarbeiter sind 50 Jahre und älter. Der Betrieb will auf die Erfahrungen der älteren Kollegen nicht verzichten und zugleich die jungen fördern. Der Aufstieg nach dem Absturz war durch Investitionen von rund 23,5 Millionen Euro möglich, erzählt Lothar Petermann. «In all den Jahren investierten wir und wuchsen zugleich am Markt.» Allein im Vorjahr flossen 3,3 Millionen Euro in Technik.
Inzwischen ist die Firma preisgekrönt. «Im letzten Jahr zeichnete die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) alle fünf Produkte aus, mit denen sich die Wurzener am Qualitätswettbewerb beteiligten», sagt Maja Pries von der DLG. Die Wurzener seien in ihrer Kategorie als einzige Bewerber aus den neuen Bundesländern erfolgreich gewesen. Die Auszeichnungen seien eine Orientierung für die Verbraucher, ein Listenargument beim Handel und nicht zuletzt Motivation für die Mitarbeiter.
Geschäftsführerin Braunsdorf sieht «Wurzener» auf dem besten Weg, wieder eine nationale Marke zu werden. Im Osten ermittelte das Marktforschungsinstitut Leipzig einen Bekanntheitsgrad von 88 Prozent. Nun muss nur noch den Kunden im Westen Appetit gemacht werden.