Lebensmittel Lebensmittel: Halberstädter Würstchen sind 125 Jahre alt
Halberstadt/dpa. - Wenige Jahre später gelang ihm nach vielen vergeblichenVersuchen die Konservierung: 1896 war das erste Dosenwürstchen derWelt geboren. Die Nachfrage war riesig. So ließ Heine eine Fabrikbauen, die 1913 in Betrieb ging. «Genau an dem Standort werden nochheute "Halberstädter" produziert», sagt der heutige Eigentümer derHalberstädter Würstchen- und Konservenfabrik GmbH & Co., UlrichNitsch. Der Unternehmer aus Lehrte (Niedersachsen) hatte dieTraditionsfirma in der Harzstadt 1992 von der Treuhand gekauft.
Die Deutschen lieben Würstchen, gleich ob es sich um«Frankfurter», «Halberstädter» oder «Wiener handelt. Immerhin lag derPro-Kopf-Verzehr nach Angaben des Deutschen Fleischerverbandes(Frankfurt/Main) im Jahr 2006 bei rund vier Kilogramm. Für 2007liegen noch keine Zahlen vor, aber die dürften ähnlich ausfallen.Trotz des großen Appetites der Deutschen auf Würstchen und desBekanntheitsgrades der Marke «Halberstädter» besonders im Osten, aberauch in Teilen Westdeutschlands, sei es nicht ohne Risiko gewesen,den Betrieb zu übernehmen und praktisch am alten Standort neuaufzubauen, sagt Nitsch.
Mehr als 30 Millionen Euro hat der Unternehmer bislang investiert.Besondere Sorgfalt legte er auf die Kaminrauchanlage, denn hinterrotem Backstein und schweren Türen bekommen die Würste das, wasNitsch als Geheimnis bezeichnet: den unverwechselbaren Buchenholz-Rauchgeschmack. Mehrere Millionen Euro seien in die Restaurierung derhistorischen Feuerstellen investiert worden.
Die Kamine sind vor allem Grund dafür, dass nur Würstchen ausHalberstadt den Namen der Harzstadt tragen dürfen. Nach langemRechtsstreit hatte dies das Bundespatentgericht in München 2007entschieden. Mehrere deutsche Hersteller waren den Halberstädtern aufdie Pelle gerückt und hatten Würstchen unter dem Namen der Harzstadthergestellt oder vertrieben. «Dagegen mussten wir uns wehren, denndie Existenz der Firma mit ihren rund 300 Beschäftigten war bedroht»,sagt Nitsch.
55 Millionen Würstchen hauptsächlich aus Schweinfleisch verlassenjährlich das Werk. Im Osten ist «Halberstädter» bei Würstchen imNaturdarm mit 32,1 Prozent Marktanteil die Nummer 1, bundesweit mit9,6 Prozent die Nummer 2. Insgesamt stellt die Fabrik 80 verschiedeneProdukte, darunter auch Fertiggerichte, her. Beim Bekanntheitsgradhat die Marke Nitsch zufolge weiter zugelegt. Im Westen kennt sie nunschon jeder zweite, im Osten ist sie seit jeher fast jedem bekannt.
Der Fleisch- und Wurstverzehr in Deutschland ist nach Angaben desBundesverbandes der Deutschen Fleischwarenindustrie (Bonn) seitJahren stabil. Jüngsten Zahlen zufolge lag der Wurstumsatz 2006 beietwa 17,7 Milliarden Euro. 30 Kilo Wurst und Wurstwaren verputztjeder Deutsche im Durchschnitt im Jahr. «Dabei gibt es kaumUnterschiede zwischen Ost und West, sagt Verbands-GeschäftsführerThomas Vogelsang. Während der Wurstumsatz insgesamt stabil ist,bleiben Würstchenkonserven immer öfter in den Regalen stehen. DerAbsatz ging nach Angaben des Marktforschungsinstitutes A.C. Nielsenim Jahr 2007 auf 32 000 Tonnen zurück (2006: 33 400 Tonnen).
«Das liegt vor allem am höheren Preis», sagt Nitsch, dessenUnternehmen es nach eigenen Angaben wirtschaftlich sehr gut geht.Absolute Zahlen will er nicht nennen. Und weil in Deutschland dieNachfrage nach bestimmten Fleisch- und Wurstwaren zurückgeht, hatNitsch jetzt andere Märkte im Visier: Die ersten Sortimente sindbereits nach Großbritannien, Spanien, Portugal und Irland geliefertworden. Und auch in Polen, der Ukraine und Russland sollen«Halberstädter» den Menschen schmecken.