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Landwirtschaft Landwirtschaft: Die Milchbauern liefern wieder

06.06.2008, 15:32
Ein Angestellter der Schwarzwälder Molkereigenossenschaft Breisgaumilch in Freiburg kontrolliert an der Milchabfüllanlage Tetrapacks mit abgefüllter Milch. Nach dem beendeten Boykott der Milchbauern laufen die Milchabfüllanlagen der Molkereien fast wieder im Vollbetrieb. (Foto: dpa)
Ein Angestellter der Schwarzwälder Molkereigenossenschaft Breisgaumilch in Freiburg kontrolliert an der Milchabfüllanlage Tetrapacks mit abgefüllter Milch. Nach dem beendeten Boykott der Milchbauern laufen die Milchabfüllanlagen der Molkereien fast wieder im Vollbetrieb. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Die Molkereienwarnten am Freitag vor übertriebenen Hoffnungen, sagten aber zu, alleMehreinnahmen an die Landwirte weiterzureichen. Die Verarbeitererwarten, dass sich die Situation in den Molkereien schnell wiedernormalisieren wird. Auf die Verbraucher kommen Preiserhöhungen zu.

Handelsexperten gingen davon aus, dass die meisten Handelskettendem Beispiel des Discounters Lidl folgen und zehn Cent mehr für denLiter Milch zahlen werden. Der höhere Preis werde an den Kundenweitergereicht. Edeka kündigte dies bereits an: Von Montag an werdedie Gruppe den Einstandspreis für den Liter Vollmilch um zehn auf 71Cent anheben, sagte ein Sprecher dem «Tagesspiegel» (Samstag).Allerdings wies der Verband der privaten Milchwirtschaft darauf hin,dass Milch und Butter nur einen geringen Teil aller Milchprodukteausmachten. Für die anderen Produktgruppen müsse jetzt einzelnverhandelt werden.

Außerdem gingen nur etwa 45 Prozent der deutschen Milch-Produktionin den Lebensmittel-Einzelhandel, der Rest fließe an die Industrieund in den Export. «Die Erzeuger erwarten jetzt, dass ab sofort 43Cent je Liter Milch ausgezahlt werden, das ist mit Sicherheit nichtder Fall», sage Geschäftsführerin Susanne Nüssel in München. Zugleichsicherte sie zu, dass die private Milchwirtschaft jede Erhöhung derVerkaufspreise im Handel an die Erzeuger weiterreichen werde. Auchbeim Molkerei-Riesen Nordmilch hieß es, die Landwirte könnten sichdarauf verlassen, dass «100 Prozent» der Mehreinnahmen an sieausgezahlt würden.

Die Landwirte selbst sehen den Konflikt noch nicht gelöst. «Wirsind mit unseren Aktionen weitergekommen. Der Boykott ist aber nochnicht endgültig zu Ende, sondern nur ausgesetzt», sagte Baden-Württembergs Landesvorsitzender des Bundesverbandes DeutscherMilchviehhalter (BDM), Georg Wallner, am Freitag. Es müsse erstabgewartet werden, ob die Handelsketten tatsächlich dauerhaft dieMilchpreise erhöhten.

«Wir haben gestern nicht gefeiert und müssen erst abwarten, ob wirunseren Kampf nicht doch noch fortzuführen haben», sagteNiedersachsens BDM-Landesvorsitzender Christian Niemann. DieVerhandlungsbereitschaft der großen Handelsketten sei nur einEtappensieg. Der geforderte Abnahmepreis von 43 Cent pro Liter seizudem nicht das einzige Ziel. Das gesamte Preis- und Liefersystemmüsse reformiert werden.

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner verlangte eine Änderung desKartellrechts. Ein paar große Lebensmitteleinzelhändler seien in derLage, die Molkereien an die Wand zu drücken, sagte der Präsident desDeutschen Bauernverbandes dem Sender NDR Info. Zugleich müssten dieBauern sich in der Angebotsstruktur anders aufstellen, um nicht immerausgespielt zu werden. Die Zusagen des Handels seien kein Grund fürEuphorie, aber ein entscheidender Schritt. «Wir müssen sehen, dass amWeltmarkt die Milchpreise anziehen. Es geht langsam aufwärts.»

Am Donnerstag hatte der BDM empfohlen, den Milchlieferstopp nachzehn Tagen auszusetzen. Die Freude der Bauern über das Einlenken desHandels ist aber womöglich verfrüht. «Ich bin überzeugt, dass dieAktion von Lidl den Preis für die Landwirte nur minimal verbessert»,sagte Nordmilch-Vertriebsvorstand Martin Mischel der «SüddeutschenZeitung» (Freitag). «Sie werden dadurch vielleicht 0,3 Cent pro Litermehr erhalten.» Lidl wolle nur die Preise für Butter und Milcherhöhen. Die Produktpalette im Milchregal sei aber erheblich breiter.«Der Hauptteil der von den Bauern gelieferten Milch wird für dieHerstellung von Käse, Milchpulver, Quark oder Joghurt verwendet»,sagte Mischel.

Der Discounter Lidl hatte mit der Ankündigung einer Preiserhöhungvon zehn Cent pro Liter Milch und 20 Cent für 250 Gramm Butter denAnfang gemacht, andere große Ketten sind in Verhandlungen.