Krebserregender Baustoff Krebserregender Baustoff: Tausende Tonnen Asbest warten noch auf Entsorgung

Erfurt - Mehr als 26 Jahre nach dem Verbot von Asbest fallen in Thüringen jährlich noch etwa 16.000 Tonnen asbesthaltiger Müll an. Das Umweltministerium geht davon aus, dass auch in den nächsten Jahren Abfall mit dem gefährlichen Stoff in dieser Größenordnung entsorgt werden muss, wie Behörde auf Anfrage mitteilte.
Auch das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau sieht noch lange kein Ende der Entsorgungswelle des krebserregenden Stoffs. „Bei schwach gebundenem Asbest ist die große Sanierungswelle vorbei, beim festgebundenen Asbest sind wir mittendrin“, sagte Heinz-Jörn Moriske, Leiter der Beratungsstelle Umwelthygiene im Umweltbundesamt (UBA).
Gefährlicher Stoff deutschlandweit noch in Millionen von Häusern zu finden
Schwachgebundener Asbest, der beispielsweise als Spritzasbest zum Auskleiden von Klima- und Versorgungsschächten verwendet wurde, sei gefährlicher als die festgebundene Variante des Stoffs, die zum Beispiel in vielen Welldachplatten steckt.
Laut Moriske findet sich der vor allem in den 60er- bis Ende der 80er-Jahren beliebte Baustoff deutschlandweit noch heute in Millionen von Häusern oder auf Dächern von Garagen und Gartenlauben. Asbest wurde 1993 verboten, weil Asbeststaub in der Lunge unter anderem Krebs verursachen kann.
Im Jahr 2017 wurden allein in Thüringen rund 27.000 Tonnen Asbest entsorgt. Davon kamen 6.700 Tonnen aus anderen Bundesländern und rund 5.000 Tonnen aus dem Ausland. Zahlen für 2018 liegen laut Ministerium noch nicht vor.
Deutlicher Anstieg von Asbest auf Mülldeponien
In Thüringen gibt es sieben Deponien, die Asbest entsorgen dürfen. Sechs davon sind in kommunaler Hand. Die Asbestmonodeponie in Caschwitz wird privat betrieben. Dorthin gingen laut Umweltministerium auch sämtliche asbesthaltigen Stoffe, die aus dem Ausland nach Thüringen gebracht wurden.
In den vergangenen zehn Jahren stieg die Menge asbesthaltiger Abfälle, die auf den Deponien landeten, deutlich. Im Jahr 2008 wurden nur 13.500 Tonnen Asbest entsorgt, bis zum Jahr 2017 verdoppelte sich diese Zahl.
Laut Umweltministerium werden Asbest-Abfälle in einer Verpackung deponiert, die keine Luft durchlässt. Wer asbesthaltiges Material zur Deponie bringt, muss demnach mit Kosten zwischen 50 bis 150 Euro pro Tonne für die Entsorgung rechnen.
Für die Entfernung von schädlichen Baumaterial ist Fachmann notwendig
Kritisch sei laut Moriske die Demontage von asbesthaltigen Baustoffen, da gerade beim Bohren, Sägen oder Abbrechen Staub entstehen kann. „Wenn Sie etwa ein Dach erneuern, dürfen Sie die Platten vorsichtig abschrauben, sorgsam abnehmen und verpackt zur Abnahmestelle bringen“, sagte Moriske. Allerdings müssten bei der Demontage Auflagen beachtet werden.
So dürfe das Material beispielsweise nicht offen transportiert werden. „Sie dürfen die Platten auch nicht mit der Brechstange herausbrechen“, sagte Moriske. Gerade bei größeren Flächen sei es angebracht, das Asbest-Material fachmännisch entfernen zu lassen.
Generell gebe es aber keine Verpflichtung, Platten mit festgebundenem Asbest zu entfernen. „Zum Problem werden Asbestplatten, wenn sie stark verwittern oder zerbröseln“, sagte Moriske.
Neue Leitlinien zum Umgang mit Altlasten in Arbeit
Bisher fehle es noch an Regeln für asbesthaltige Spachtelmassen und Putze. „An der Wand ist asbesthaltiger Putz kein Risiko. Aber was passiert, wenn ich ein Loch bohre oder als Elektriker einen Schacht fräse?“
Mit diesen Fragen beschäftigt sich derzeit auch der nationale Asbest-Dialog, der an neuen Leitlinien zum Umgang mit den Altlasten arbeitet. Beteiligt sind unter anderem das Umweltbundesamt, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. (dpa)