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Korruptionsaffäre bei VW Korruptionsaffäre bei VW: Auch gegen Ex-Vorstand Peter Hartz wird jetzt ermittelt

07.10.2005, 09:57
Peter Hartz (64) war bis Juli 2005 Personalvorstand bei Volkswagen. (Archivfoto: dpa)
Peter Hartz (64) war bis Juli 2005 Personalvorstand bei Volkswagen. (Archivfoto: dpa) Zentralbild

Wolfsburg/Stuttgart/dpa. - Mehrere Mitglieder des Gremiums wollten versuchen, ihn auf derSitzung zum Porsche-Einstieg am Montag aus dem Amt zu drängen,schrieb die «Financial Times Deutschland». Grund sei vor allem seineBeteiligung an Porsche. Mit der Unterstützung der Arbeitnehmerseiteist Piëch aber außer Gefahr. Porsche teilte mit, der Einstieg bei VWmit knapp 20 Prozent sei so gut wie in trockenen Tüchern. DasKartellamt gab grünes Licht.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig leitete gegen Hartz einErmittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue ein unddurchsuchte am Freitag auch seine Arbeitsräume bei VW. Dabei seiBeweismaterial sichergestellt worden.

Die Überprüfung der Zeugenaussagen von Hartz habe Anhaltspunktedafür erbracht, dass er unter anderem Kenntnis von einem möglichenSpesenbetrug gehabt und diesen gebilligt oder unterstützt habenkönnte, berichtete die Staatsanwaltschaft weiter. In der vergangenenWoche hatte die Behörde nach einer sechsstündigen Vernehmung vonHartz noch mitgeteilt, dass kein Anfangsverdacht gegen den AnfangJuli zurückgetretenen Arbeitsdirektor bestehe. Nun hat sie nacheigenen Angaben Anzeichen dafür gefunden, dass er bei seinerVernehmung nicht die Wahrheit gesagt haben könnte.

Ein VW-Sprecher bekräftigte den Willen zur Aufklärung allerVorwürfe in der Affäre. Vorstandschef Bernd Pischetsrieder habe«mehrfach betont, dass alle Hintergründe der Affäre ohne Rücksichtauf Personen und Positionen aufgeklärt werden».

Der Anwalt des in die VW-Affäre verwickelten ehemaligenPersonalmanagers Klaus-Joachim Gebauer, der FDP-Politiker WolfgangKubicki, griff auch Piëch scharf an. «Herr Piëch wird in der Zukunfteine Reihe von Fragen beantworten müssen», sagte er der «Netzeitung».Gebauer gehe davon aus, «dass auch Vorstand und Aufsichtsrat über dieLustreisen informiert gewesen sein müssen».

Die «FTD» berichtete, im Streit um den Porsche-Einstieg könntensich fünf der zehn Mitglieder der Kapitalseite im 20-köpfigenAufsichtsrat gegen den früheren VW-Chef Piëch stellen. Als Quellewurden ein Mitglied des Aufsichtsrates und eine Person aus dem Umfelddes Gremiums genannt. Den kritisch eingestellten Aufsichtsräten werdemit einem Porsche-Einstieg die Machtfülle Piëchs zu groß. DieFamilien Piëch und Porsche halten die Stimmrechte bei dem StuttgarterAutobauer, zudem ist Piëch Eigentümer einer VW-Vertriebsfirma.

Ein «Putsch» gegen Piëch hätte jedoch keine Chancen, nachdem dieArbeitgeberseite Piëch demonstrativ ihre Unterstützung aussprach.Eine IG-Metall-Sprecherin betonte in Frankfurt: «Wir unterstützenHerrn Piëch.» Die Arbeitnehmerseite sehe keine Veranlassung, Piëchaus dem Amt zu drängen. «Für politisch motivierte Aktionen undPutschversuche stehen wir nicht zur Verfügung.» Die Arbeitnehmerhaben wie die Kapitalseite zehn Vertreter im Volkswagen-Aufsichtsrat.

Der VW-Aufsichtsrat trifft sich am Montag, um über die geplanteÜbernahme eines Anteils von knapp 20 Prozent durch Porsche zusprechen. Porsche will zwei Sitze im Aufsichtsrat. Es wirdspekuliert, auch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wolle in das VW-Aufsichtsgremium einziehen.

Porsche teilte unterdessen mit, nach dem Kauf von 10,26 Prozentder VW-Stammaktien habe man sich inzwischen weitere 8,27 Prozentgesichert. Noch im Oktober werde die Transaktion abgeschlossen. Mit18,53 wird Porsche größter VW-Aktionär vor dem Land Niedersachsen,das 18,2 Prozent hält. Das Kartellamt habe den Einstieg gebilligt.

Porsche könne weitere 3,4 Prozent über den Markt erwerben. EinSprecher sagte dazu, es sei noch offen, ob und wie viele AktienPorsche davon kaufen werde. Die Beteiligung von Porsche an VW werdejedoch nicht die Schwelle erreichen, bei der das Unternehmen einöffentliche Angebot zur Übernahme von Volkswagen abgeben müsste. Dieswären 25 Prozent.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der dasLand im VW-Aufsichtsrat vertritt, sagte der «Süddeutschen Zeitung»,es gehe darum, künftig die Interessen von VW zu wahren. «So muss manzum Beispiel deutlich machen, dass Verträge zwischen VW und Porschewie Verträge zwischen Dritten gehandhabt werden», sagte Wulff. DerCorporate Governance Kodex müsse auch bei VW eingehalten werden. Diesgelte unter anderem bei der Vermeidung von Interessenskollisionen.Man müsse verhindern, dass es einen dominierenden Aktionär gebe.