Interview mit Bond-Darsteller Daniel Craig Interview mit Bond-Darsteller Daniel Craig: "Die Küsserei ist schrecklich"

Berlin - Zum vierten Mal erhält der britische Schauspieler Daniel Craig (47) die Lizenz zum Töten, von der er im neuen James-Bond-Abenteuer wieder ausgiebig Gebrauch macht. In „Spectre“, dem wohl teuersten Action-Spektakel der Kult-Filmreihe, fügen sich für den Geheimagenten viele Puzzleteile zusammen. Mit Daniel Craig sprach in Berlin André Wesche.
Mr. Craig, es heißt, dieser Film könnte Ihr letzter „Bond“ sein. Sie sollen in einem Interview sogar gedroht haben, sich eher etwas anzutun?
Craig: (lacht) Ja, das möchte ich jetzt sofort klarstellen. Man hat mich zwei Tage nach dem letzten Drehtag gefragt, ob ich gern einen weiteren Bond-Film machen möchte. Das exakte Zitat lautet: „Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich mir eher die Handgelenke aufschneiden.“ Ich beanspruche das Recht, meine Meinung ändern zu dürfen.
Was war schwierig an „Spectre“?
Craig: Die größte Herausforderung für uns war der große Erfolg von „Skyfall“. In diesem Film ging es vor allem um „M“ und die Tragödie ihres Todes. Der Schauplatz war im wesentlichen Großbritannien. Das wollten wir diesmal ändern, um Bond so ausgiebig wie möglich zu feiern. Das ist leichter gesagt als getan. Es werden viele Fragen gestellt, warum dieses und jenes nicht im Film auftaucht. Man muss sich da herantasten.
Bestimmte Dinge können nicht einfach im Film sein, weil es eben zu einer Regel geworden ist. Man muss sich von manchen Dingen befreien, wenn man eine Handlung vorantreiben möchte. Es hat lange gebraucht, bis wir Elemente älterer Filme in die Geschichte einbringen konnten. Wie würde alles zusammenpassen? Wenn es Sinn ergab, haben wir es übernommen, wenn es nicht funktionierte, haben wir es verworfen.
Sie haben „Spectre“ auch koproduziert. Eine finanzielle oder eine künstlerische Entscheidung?
Craig: Es geht dabei überhaupt nicht um Geld. Es geht allein um den kreativen Beitrag. Als mir Barbara Broccoli und Michael G. Wilson vor zehn Jahren den Job anboten, habe ich ihnen geantwortet, dass es wirklich schwierig ist, James Bond zu spielen und dass ich mir nicht sicher bin, wie das geht. Man müsste mir Zugriff auf die Mechanik des Filmes geben und mir erklären, wie Bond-Filme funktionieren und wie man sie macht.
Ich wollte involviert werden und ein Mitspracherecht haben. Nur auf dieser Basis könnte ich den Job übernehmen. Sie waren sehr großzügig und haben es mir von Anfang an gestattet. Und nun haben sie noch eins draufgesetzt und mich zum Koproduzenten erhoben.
Wie weit reicht Ihr Einfluss?
Craig: Einige meiner Vorschläge gehen in den Film ein, andere nicht. Diese Filme sind das Ergebnis einer umfassenden Zusammenarbeit. Wir sitzen am runden Tisch mit den Autoren und den Chefs der verschiedenen Abteilungen und beraten, was wir machen. Ich bin ein Teil dieser Runde.
Dürfen Sie sich die mitwirkenden Damen aussuchen?
Craig: Aber selbstverständlich! Das ist das Einzige, was mich interessiert! (lacht).
Manche Frauen bedauern, dass im Film zu wenig Haut zu sehen ist.
Craig: Ich bin wirklich fett geworden. (lacht) Nein, ich bin damit durch. Sie sollen sich die anderen Filme noch einmal anschauen, da gibt es einiges an Haut zu sehen.
„Spectre“ markiert in gewisser Weise den Abschluss einer Bond-Ära. In welche Richtung wird er sich nun weiterentwickeln?
Craig: Ich weiß es nicht. Ich glaube, in diesen Filmen ist genug Raum für alles Mögliche, so lange man James Bond treu bleibt. Wenn man diese Rolle spielt und darüber diskutiert, kommt immer der Punkt, an dem man sagt: „Ja, aber es ist James Bond“. Daran muss man sich stets und ständig erinnern.
Aber davon abgesehen ist alles möglich. Es ist nicht Ibsen, es ist immer noch ein Bond-Film. Und Bond tötet Menschen zum Lebensunterhalt. Er ist ein bisschen abgefuckt.
James Bond hat ein Faible für die luxuriösen Dinge des Lebens. Teilen Sie dieses Interesse?
Craig: Vielleicht ein wenig, nicht übermäßig. Ich liebe schöne Anzüge. Mein Großvater war Schneider und ich weiß solche Arbeiten zu schätzen, weil in unserem Haus oft über gute Maßschneiderei gesprochen wurde. Und Autos mag ich auch.
„Spectre“ setzt sich kritisch mit der allgegenwärtigen Überwachung auseinander. Ist jemand wie Edward Snowden für Sie ein Held?
Craig: Ich denke, dass sein Handeln eine Diskussion angestoßen hat, die man führen muss. Die Geschichte wird zeigen, ob er ein Held ist oder nicht.
Ohne seine Enthüllungen hätten wir dieses Thema nicht auf der Agenda. Dabei ist es überaus wichtig. Diese Technologien geben vor, uns Freiräume zu verschaffen. Tatsächlich fesseln sie uns auch. Über die Folgen muss man reden.
Welche Szenen sind für Sie als Bond-Schauspieler die schwierigsten?
Craig: Das Gehen fällt mir schwerer und schwerer. Die Küsserei ist schrecklich. (lacht) Es ist nichts schrecklich schwer daran, diese Rolle zu spielen. Trotzdem ist es eine große Herausforderung. Man fragt mich immer, ob ich die Autos besonders mag oder die Frauen. Was ich daran liebe, diese Rolle zu spielen, ist die Arbeit selbst. Es ist mir eine Freude, mit diesen Menschen zusammenzuarbeiten.
Ich bin Schauspieler, schon von früher Jugend an. Und genau das ist es, was ich immer machen wollte. Ich wollte mit den talentiertesten Menschen arbeiten. Und es ist mir vergönnt.
Haben Sie Angst davor, diesen Bond eines Tages nicht abschütteln zu können?
Craig: Nein, absolut nicht. Ich bin mächtig stolz auf diese Filme, sie machen einen riesigen Teil meines Lebens aus. Ich habe beim Dreh jeden Moment genossen. Was immer auch passiert, ich könnte nicht glücklicher darüber sein, wie sich die Dinge entwickelt haben. Es erfüllt mich mit tiefer Befriedigung. Und eines Tages werde ich glücklich sein, wenn ich mir einen anderen in dieser Rolle anschauen kann. (mz)