Industrie Industrie: Alles aus Algen

Klötze/dpa. - Nun sind die Mitarbeiter der «Bioprodukte Prof. SteinbergProduktions- und Vertriebs GmbH & Co KG» innerhalb eines in der Weltbislang einmaligen Forschungsprojektes den Geheimnissen weitererAlgen auf der Spur. «Bislang ist nur ein Bruchteil der Algenartenbekannt, mit dem Projekt wollen wir unter anderem neue Speziesfinden», sagt Prokurist Jörg Ullmann. Schätzungsweise gebe es 400 000Algenarten auf der Erde, nur 40 000 von ihnen seien bekannt odernäher erforscht.
Außerdem sollen in dem 30 Millionen Euro teuren Forschungsprojekt,an dem mehrere Institute und Unternehmen beteiligt sind, dieInhaltstoffe der Algen und ihr Nutzen für Arznei- und Lebensmittelweiter erkundet werden. «Es ist bekannt, dass bestimmte Substanzenzum Beispiel gegen Diabetes II, Bluthochdruck oder Neurodermitiswirken», sagt Ullmann. In dem fünf Jahre laufenden Vorhaben sollauch herausgefunden werden, wie diese Stoffe effektiver aufbereitetwerden können. Außerdem soll ihre Wirkungsweise in medizinischenStudien belegt werden.
Hauptzweig in dem kleinen Unternehmen mit einem stetig steigendenJahresumsatz bleibe jedoch die Produktion von Chlorella vulgaris vorallem für die Pharma- und Ernährungsindustrie und zunehmend für denEinsatz in der Aquakultur, sagt Ullmann. Die Kugelalge gedeiht inKlötze nicht wie ihre Artgenossen in Teichen, Seen oder Becken,sondern in armdicken Glasrohren mit einer Länge von insgesamt 500Kilometern. «Die nunmehr langjährige, stabile Produktion in einemgeschlossenen System ist weltweit einmalig», sagt Ullmann. DerHauptvorteil sei, das Chlorella vulgaris keinen Schaden durchVerunreinigungen aus der Luft nehmen könne und somit eine hoheQualität besitze. Die Erfahrungen der Altmärker mit der Produktion von Algen wecktedie Aufmerksamkeit des französischen Familienunternehmens RoquetteFrères, Europas zweitgrößtem Stärkeproduzenten. Mit Firmensitz imLestrem im Département Pas-de-Calais fertigt und entwickelt es Vor-und Fertigprodukte für die Lebens-, Futtermittel- und Bioindustriesowie für die Pharmazie. Seit Anfang 2008 ist Roquette Besitzer desaltmärkischen Unternehmens mit 17 Beschäftigten und finanziertzusammen mit der französischen Regierung das Forschungsprojekt«ALGOHUB».
Dass kleine spezialisierte Firmen zunehmend Forschungen für großeUnternehmen etwa in der Arzneimittelbranche leisten, liegt im Trend.«Waren die Pharmaunternehmen früher bestrebt, alles allein zuerforschen, geben sie jetzt Teilprojekte an Spezialisten ab, diediese besser, effektiver und kostengünstiger verwirklichen können»,sagt Rolf Hömke, Senior Referent Wissenschaftspresse des VerbandesForschender Arzneimittelhersteller (Berlin). Beispielsweise gebe esauch eine enge Kooperation zwischen dem Bayer-Konzern und demHelmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig bei derSuche nach Wirkstoffen in Bodenbakterien zur Krebsbehandlung.
Die Nachfrage nach den Kugelalgen aus der Altmark wachse ständig,sagt Ullmann. Chlorella ist reich an Mineralstoffen, mehrfachungesättigten Fettsäuren, wichtigen Spurenelementen, Carotinoiden unddem Vitamin B12. Deshalb sei die Alge zunehmend als Nahrungsergänzungoder auch als Zusatz in Nudeln oder Brot gefragt. Etwa 50 Tonnen dergesunden, grünen, getrockneten Winzlinge würden derzeit jährlich inalle Welt ausgeliefert. Damit seien die Kapazitäten jedoch nichtausgelastet. Für Chlorella vulgaris gebe es noch ein weites Feld inder Altmark.