Sachsens neuer Polizeipräsident Horst Kretzschmar: "Sachsens Polizei gut gerüstet für Terrorgefahr"

Dresden - Sachsens neuer Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar sieht die sächsische Polizei für mögliche Terrorgefahren gewappnet. „Da brauchen wir den Bundesvergleich nicht zu scheuen, wir sind super ausgerüstet“, sagte der 59-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Jede Polizeidirektion habe ein gepanzertes Fahrzeug, auch den Spezialeinheiten und der Bereitschaftspolizei stünden gepanzerte Wagen zur Verfügung. „Wir haben zudem neue Handfeuerwaffen und Mitteldistanzwaffen beschafft.“
Unmittelbaren Handlungsbedarf sieht Kretzschmar daher nicht. „Aber dass es in der Anzahl mehr werden kann, darüber werden wir in Zukunft verhandeln.“
Zum 1. Januar 2019 wechselt der bisherige Leiter der Dresdner Polizeidirektion ins Innenministerium an die Spitze der sächsischen Polizisten. Am 2. Januar ist sein erster Arbeitstag. „Das Schaffen von guten Bedingungen für die sächsische Polizei, das ist in Zukunft mein Kerngeschäft“, betonte Kretzschmar.
Terrorgefahr sei neben Internet- und Grenzkriminalität eine der vielen Herausforderungen für die Beamten. Generell gebe es eine Verlagerung von Aufgaben, die früher Spezialeinheiten vorbehalten waren, sagte Kretzschmar. „Das geht jetzt an die Front.“ Jeder, der heutzutage bei der Polizei beginne, müsse sich mit Themen wie Amok, Geiselnahme oder Terror auseinandersetzen. „Und wie verhalte ich mich als Streifenpolizist in einer solchen Lage?“
Sachsens Polizeipräsident: Kann die terroristische Bedrohung nicht aus meinem Kopf streichen
Zwar besteht für Sachsen lediglich eine abstrakte Gefahr. Dennoch habe etwa die Landeshauptstadt mit der Frauenkirche ein starkes Symbol des christlichen Glaubens. „Ich kann die terroristische Bedrohung, so abstrakt sie auch ist, nicht aus meinem Kopf streichen.“
Kretzschmar will seine Polizisten für alle Möglichkeiten rüsten. Einem Anschlag zu begegnen, erfordere nicht nur die richtige Taktik, sondern auch eine entsprechende Einstellung. „Ich geh' jetzt nach vorn und stell' den Attentäter. Diese Überzeugung muss erst einmal geweckt werden“, sagte Kretzschmar, der von 1993 bis 2004 an der Spitze des Sächsischen Spezialeinsatzkommandos (SEK) stand.
Eine zunehmende Rolle für die Polizei spielt zudem die Verbrechensbekämpfung im Netz. „Erpressungen und Diebstahl finden heute übers Internet statt, das nimmt immer mehr Raum ein“, erklärte der neue Landespolizeipräsident.
Das Smartphone spiele als Beweismittel bei nahezu jeder Tat eine Rolle. Da gebe es Nachholbedarf. Zwar verfüge Sachsen über gut ausgebildete Spezialisten für Cybercrime - allerdings vor allem im Landeskriminalamt und in den Zentralen.
„Jetzt müssen wir den zweiten Schritt gehen und diese Spezialisten in die Polizeidirektionen vor Ort geben.“ Derzeit werden an der Polizeihochschule in Rothenburg in der Oberlausitz zehn „Cybercops“ pro Jahr ausgebildet.
Kretzschmar, der nach gut zweieinhalb Jahren als Chef der Dresdner Polizeidirektion nun seinen Posten wechselt, ist seit mehr als 40 Jahren im Dienst der Polizei. „Ich liebe diesen Beruf nach wie vor, ich mache das nicht nur 12 Stunden am Tag, ich nehme das auch mit nach Hause“, so der gebürtige Crimmitschauer.
Mit Blick auf Pegida und die alljährlichen Demonstrationen rund um den 13. Februar spricht Kretzschmar von Dresden als einer „Demonstrationshochburg“. Es sei aber heute im Gegensatz zu früher möglich, Demonstrationen verschiedener politischer Richtungen in Hör- und Sichtweite stattfinden zu lassen. „Das ist gelebte Demokratie und das wollen wir. Da gab es eine enorme Entwicklung.“
Immer wieder geriet die sächsische Polizei auch in die Schlagzeilen - zuletzt als im August 2018 ein mit Deutschlandhut bekleideter LKA-Angestellter in Dresden verbal Kameraleute angriff, als sie Anhänger von AfD und Pegida filmten. Daraufhin kontrollierte die Polizei das Fernsehteam und hielt es etwa eine Dreiviertelstunde fest. Kritiker sprachen von Behinderung der Pressefreiheit.
Zuvor hatte Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) schon einmal die Frage gestellt, ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer seien als im Bevölkerungsdurchschnitt.
Kretzschmars Antwort fällt deutlich aus: „Polizei ist neutral. Die Polizeiführung muss alles dafür tun, dass jeder Mitarbeiter - egal ob im Dienst oder nicht im Dienst - seine Neutralität lebt. Das ist ein Prozess.“ Tausende Polizisten erledigten ihre Arbeit gewissenhaft und neutral. Ausgerechnet jener „Hutbürger“ sei nun ein Symbol der sächsischen Polizei.
„Ich würde es immer bestreiten, dass unsere Polizei Pegida- oder AfD-nah ist. Die Mehrheit der sächsischen Polizeibeamten steht in der Mitte der Gesellschaft und tritt dafür an, dass Grundrechte gewährleistet bleiben.“ (dpa)