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Holger Hövelmann Holger Hövelmann: Kratzer am Teflon-Mann

Von Hendrik Kranert und Alexander Schierholz 28.11.2007, 20:06

Magdeburg/MZ. - "Hüttemann wird sich das ja nicht alleine ausgedacht haben", findet auch der Fraktionschef der Linken im Landtag, Wulf Gallert. FDP-Innenexperte Guido Kosmehl sieht das ähnlich: "Die Polizeiabteilung im Innenministerium weiß, wie Statistiken gemacht werden. Und sie muss wissen, wenn es da Änderungen gibt." Insofern trage auch Innenminister Holger Hövelmann (SPD) eine Mitverantwortung.

Doch die Zahlen waren wohl zu schön, um sie zu hinterfragen. Auch wenn er "ein wenig stutzig geworden sei", so Hövelmann gestern. Im Juli jedenfalls präsentierte er eine Staatsschutz-Statistik, in der die Zahl rechter Straftaten quasi ins Bodenlose purzelten. Gemessen an dem, was man sonst aus dem Bundesland mit dem höchsten Aufkommen rechtsextremer Straftaten bundesweit kennt. Vielleicht ist es in Hövelmanns Polizeiapparat ja sogar aufgefallen, dass mit diesen Zahlen etwas nicht stimmen konnte. Vielleicht wusste man sogar von der veränderten Zählweise. Vielleicht hat man dem Minister und seinem Umfeld ja absichtlich nichts gesagt. "Dass der Minister zehn Monate lang nichts gewusst hat von den geänderten Bilanzen, zeigt, dass es in der Führung des Hauses ein strukturelles Problem gibt", sagt Gallert.

Denn Hövelmann hat sich in der Polizei des Landes nicht nur Freunde gemacht. Auf der einen Seite schickt er hochrangige Beamte, darunter sogar den einstigen Abteilungsleiter Polizei im Ministerium, in die Wüste. Weil deren Parteibuch nicht die Farbe des Innenministers hatte, der im Ehrenamt noch SPD-Landesvorsitzender ist. Auf der anderen Seite stellt er sich aber schützend vor Leute wie den einstigen stellvertretenden Dessauer Polizeipräsidenten Hans-Christoph Glombitza, obwohl der gerade die Anti-Rechts-Kampagne der Landesregierung madig gemacht hat. Statt dessen büßen ausgerechnet die, die Hövelmanns Rechtsextremismus-Kampf an vorderster Front führen: Drei Dessauer Staatsschützer, die den Mund auf und Glombitzas Forderung nach zurückhaltenden Ermittlungen im rechtsextremen Milieu öffentlich machten. Es sei manchmal schwer, Hövelmann zu verstehen, raunt es in der SPD.

Dabei geht es Hövelmann vor allem um eines: Nichts soll haften bleiben an ihm. Ein Teflon-Mann mit Schwiegersohn-Charme. Damit das so bleibt, musste jetzt LKA-Chef Frank Hüttemann gehen. Freilich: Der hat es Hövelmann auch einfach gemacht. Wenn man unterstellt, dass Hüttemann bekannt war, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus ganz oben auf der Agenda seines Chefs steht, hätte er diesen über eine veränderte Zählweise in der Statistik informieren müssen. Hüttemann tat es offenbar nicht - und verteidigte bis zum Schluss sein Vorgehen.

Doch Hüttemanns Rücktritt entlastet Hövelmann nur zeitweise. Das Teflon-Image hat Kratzer bekommen. Die Frage ist doch, wer sich für den Innenminister bei der nächsten Affäre opfert. Ein Rücktritt des Innenministers ist derzeit noch wenig wahrscheinlich. "Schließlich hat er durch sich selber den meisten Rückenhalt - weil er Parteivorsitzender ist", sagt ein SPD-Landtagsabgeordneter. Aber auch Linke und FDP halten als Oppositionsparteien Rücktrittsforderungen für überzogen. Man müsse Hövelmann zugute halten, sagt Gallert, dass er das Problem Rechtsextremismus in Sachsen-Anhalt angegangen und öffentlich gemacht habe, nachdem sich in den Vorgänger-Landesregierungen über Jahre niemand dafür interessiert habe.

Auch die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke aus Dessau, hält nichts von einem Rücktritt Hövelmanns. Zwar müsse man sich fragen, inwieweit Hövelmann in der Lage sei, die Polizei im Kampf gegen Rechts umzustrukturieren, so Lemke. "Ein Wechsel an der Spitze des Ministeriums würde die Arbeit aber nur erschweren."