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Hirnforscher: Beim Geld setzt der Verstand aus

05.08.2009, 14:39

Berlin/dpa. - Fast 120 Millionen Euro liegen im Jackpot in Italien. Obwohl jeder weiß, wie minimal die Chance ist, das Geld zu kassieren, spielen immer mehr Menschen mit. Kein Wunder: «Beim Geld setzt bei uns der Verstand aus», sagte der Bonner Hirnforscher Prof. Christian Elger am Mittwoch im dpa-Interview.

Herr Prof. Elger, warum setzt beim Geld unser Verstand aus?

Elger: «Weil wir im Gehirn ein System haben, das wir Belohnungssystem nennen. Wenn dort elektrisch Reize gesetzt werden, gibt es ein ungeahntes Wohlbefinden. Durch viele Untersuchungen wissen wir, dass Geld und Gewinne dieses System besonders aktivieren. Gleichzeitig hat das Belohnungssystem eine ganz hohe Wertigkeit in den Entscheidungsabläufen unseres Gehirns. Andere Entscheidungsabläufe, in diesem Fall die Abwägung, dass ein Lottogewinn absolut unwahrscheinlich ist, treten dabei in den Hintergrund.»

Also ist es mit dem Geld wie mit dem Sex? 

Elger: «Das Belohnungssystem reagiert natürlich positiv auf viele Dinge. Das fängt an bei der Schokolade bei vielen Menschen und das wird auch bei sexuellen Aktivitäten aktiviert und geht bis hin zum Kokain, was in diese Region hineingeht. Man sieht: Viele Wege führen nach Rom und von vielen Hirnstrukturen wird das Belohnungssystem angesteuert. Es ist im Alltag unser wichtigstes Motivationssystem.»

Heißt das im Umkehrschluss, dass wir unser Verhalten in Geldfragen gar nicht steuern können? Sind wir alle gierig?

Elger: «Es gibt charakterliche Varianten, also Menschen, deren Belohnungssystem nicht so stark auf diese Reize reagiert. Außerdem reagieren extrovertierte Menschen stärker als introvertierte. Aber die Mehrzahl ist sehr anfällig für eine Aktivierung des Belohnungssystems mittels Geld. Das heißt nicht, dass wir alle geldgierig sind, aber geldempfindlich oder gewinnempfindlich.»

Macht Geld nun eigentlich glücklich oder nicht? 

Elger: «Der unmittelbare Geldgewinn macht glücklich. Beim dauerhaften Besitz von Geld funktioniert das dann nicht mehr. Wenn ein Reiz permanent kommt, wird das Gehirn nicht mehr erregt. Deswegen holen sich manche Leute mit viel Geld einen Kick, indem sie ihre riesigen Vermögen, die sie eigentlich nie ausgeben könnten, in hochriskante Aktien investieren. Das ist ja dann fast ein Gewinnspiel.»