Hintergrund Hintergrund: Pro und Contra zum EU-Beitritt der Türkei
Hamburg/dpa. - ARGUMENTE DER BEFÜRWORTER:
Die Gemeinschaft der EU basiert auf Werten und nicht auf religiösen Überzeugungen. Als mehrheitlich islamisches Land hat die Türkei das Prinzip der Trennung von Staat und Religion längst verwirklicht. Ausschlaggegend sind die Kriterien des Kopenhagener EU-Gipfels von 2002.
Die Türkei kann die «wichtigste Brücke» zwischen Kontinentaleuropa und dem östlichen Mittelmeerraum werden. Eine demokratische Türkei hat «Signalwirkung» für die Akzeptanz westlicher Werte in anderen islamischen Ländern.
Die Beitrittsverhandlungen sind nicht nur Mittel zur dauerhaften Demokratisierung der Türkei, sie bieten auch den entscheidenden Hebel für eine Lösung des Zypern-Problems.
Geostrategisch ist das an Konfliktgebiete grenzende NATO-Land als Stabilisator wichtig. Mit der Türkei als Mitglied erhält die EU größere sicherheitspolitische Bedeutung. Der Schutz vor islamischem Terrorismus wird größer.
ARGUMENTE DER GEGNER:
Die Türkei gehört weder geographisch noch kulturell zu Europa. Die Grenzen werden bis in die Unruhegebiete des Orients überdehnt. Die einerseits christlich-abendländisch und andererseits vom Islam geprägten Identitäten und Lebensformen passen nicht zueinander.
Nach der letzten Erweiterung hat sich die EU noch nicht konsolidiert, eine EU-Verfassung ist noch nicht in Sicht. Ein so großes und einflussreiches Land erschwert Entscheidungen und verschiebt die Balance in den Gremien drastisch.
Trotz Wirtschaftsbooms ist die Türkei rückständiger als alle EU-Länder. Über ein Drittel der Menschen arbeitet in der Landwirtschaft. Die jährlichen Hilfen für die Struktur- und Agrarpolitik gehen in den zweistelligen Milliardenbereich.
Eine Zuwanderungswelle von Arbeitsuchenden wird sich mit Übergangsfristen verzögern, aber nicht verhindern lassen. Sie führt zu Turbulenzen auf dem Arbeitsmarkt und erschwert die Integration.
Trotz aller Reformen gibt es noch große Defizite bei Justiz und Polizei, den Menschen- und Minderheitenrechten, der Meinungsfreiheit, Gleichstellung der Frau und Religionsausübung.