Handwerk Handwerk: Meisterzwang ist im Ausland ein Fremdwort
Hamburg/dpa. - Selbst die vergleichsweise strengen Vorschriften in Frankreich und Österreich können mit den deutschen nicht mithalten. Die Qualität leidet darunter anscheinend nicht.
Zwar liefen die Handwerker in ÖSTERREICH - wie nun ihre deutschenKollegen bei den Clement-Plänen - lange Zeit Sturm gegen die seitAugust 2002 geltende liberalisierte «Gewerbeordnung» für Handel undHandwerk. Von einem befürchteten Qualitätsabfall in Kombination mitweniger Ausbildungsplätzen ist heute aber keine Rede mehr. DerMeisterbrief ist auch nach der neuen Ordnung die Regel. Doch einenBetrieb kann nun auch gründen, wer in diesem Handwerk «mehrere Jahrein qualifizierter Stellung» gearbeitet hat, sagt ein Sprecher desWirtschaftsministeriums in Wien. Bereits seit 1997 reicht es für eineBetriebsgründung, einen entsprechend qualifizierten Mitarbeiteranzustellen.
In FRANKREICH werden angehende Meister neben dem Beruf auch inUnternehmensführung geschult. Für den Titel «Handwerker» reicht einemBetriebsinhaber eine sechsjährige Berufsausübung, wenn er keinenMeisterbrief oder Diplom nachweisen kann. Die Qualitätssicherungbehalten die mehr als 100 Handwerkskammern im Auge. Sie vertretenrund 800 000 Unternehmer in 250 Berufen.
Auch in den NIEDERLANDEN sorgen die Berufsverbände seit derEinführung der umfassenden Gewerbefreiheit vor sieben Jahren selbstfür Qualitätskontrolle. Daraus resultiert laut Verbraucherschutzbundaber ein «undurchsichtiger Dschungel an Gütesiegeln», mit denen unteranderem Friseure, Glaser und Klempner ihre Marktposition verbessernwollten. «Viele dienen nur Werbezwecken», sagt ein Sprecher derVerbraucherorganisation. In den Niederlanden müssen nur Bäcker,Schlachter und Elektrotechniker eine Fachausbildung nachweisen, wennsie ein eigenes Unternehmen gründen wollen.
In BELGIEN ist für den Weg in die Selbstständigkeit nur in 7 der42 geschützten Handwerksberufe zwingend ein Meisterbrieferforderlich. Optiker oder Bestatter etwa kommen daran nicht vorbei.Dagegen können unter anderem Bäcker, Fliesenleger oder Friseurezumeist schon mit einem Gesellenbrief oder einem Fachabitur eineigenes Geschäft betreiben. Gefordert ist in der Regel jedochkaufmännisches Grundwissen - teilweise reicht aber auch Erfahrungoder die Einstellung eines kundigen Mitarbeiters.
In POLEN scheiden sich an den Fähigkeiten der Handwerker dieGeister. In manchen Branchen wie der Denkmalpflege gilt dieAusbildung als vorbildlich. Andererseits jammern immer wiederVerbraucher über Pfusch. Zuverlässige Handwerker werden daher eherüber den «heißen Tipp» aus dem Bekanntenkreis als durch den Blick insBranchenverzeichnis ausfindig gemacht. Laut Handwerksverband deskünftigen EU-Mitglieds darf jeder ein Unternehmen gründen, der dieausreichende finanzielle Basis und die Einstellung von «Fachleuten»vorweisen kann - das müssen nicht unbedingt Meister sein. Allerdingssind nur noch etwa 40 Prozent der knapp 600 000 HandwerksbetriebeKammermitglieder. Eine Qualitätskontrolle fällt daher schwer.
Ein hohes Niveau bescheinigen die meisten TSCHECHEN ihrenHandwerkern. Ausländische Auftraggeber rühmen unter anderem dieImprovisationskünste tschechischer Handwerker. Allerdings wirdBetrieben zufolge von Seiten des Dachverbandes nicht allzu penibelauf die Regeln geachtet, obwohl es sowohl Meisterbrief als auchHandwerksordnung gibt.
Auch in der SCHWEIZ ist Meisterzwang für Selbstständige einFremdwort. Um einen Qualifikationsnachweis, also eine Art Prüfung,kommen Handwerker aber nicht herum, wenn sie in sicherheitsrelevantenBerufen wie Elektriker arbeiten. Dazu müssen sie auch Kurse besuchen.Die Prüfungen nehmen dann die Berufsverbände im Auftrag der Behördenab.