Handwerk Handwerk: Meissen nutzt die älteste Marke der Welt

Meißen/dpa. - Das sogenannte Schwertern erfolgt nach dem ersten Brand auf der Unterseitedes unglasierten Materials. Die kobaltblaue Farbe wirkt zu diesemZeitpunkt dunkelgrün und zieht sofort ein. Erst beim Glattbrandzwischen 1300 bis 1400 Grad werden die Schwerter blau.
Kathrin Horn und ihre Kollegin Katja Schwarzbach haben als«Schwerterinnen» einen weltweit einmaligen Beruf. «Klar bin ich stolzdarauf, schließlich geht fast jedes Stück der Manufaktur durch meineHände», sagt die 39 Jahre alte Porzellanmalerin Horn: «Ich bin mitLeib und Seele Schwerterin.» 15 Sekunden sieht die Norm für einmal«Schwertern» vor, 240 Stücke werden pro Stunde gezeichnet.
Die gekreuzten Schwerter der Meissener Manufaktur gelten alsweltweit älteste Marke in ständigem Gebrauch. 1722 zierten sieerstmals die Porzellane der Manufaktur. «Der Vorschlag stammte vomidamaligen Inspektor Johann Melchior Steinbrück. Da zu einerManufaktur in Wien Konkurrenz entstanden war, sollten die Stücke ausMeissen unverwechselbar sein», erzählt Geschäftsführer Hannes Walter.Die Schwerter selbst waren dem kursächsischen Wappen entlehnt.
«Sie in Unterglasur zu malen, war eine geniale Idee. Damit ist dieMarke zugleich geschützt, Kopien sind nur schwer machbar», sagt derChef. Auch wenn Marken-Piraterie im 18. Jahrhundert nicht die großeRolle spielte, mussten die Sachsen mit ihrer Erfindung des ersteneuropäischen Porzellans behutsam umgehen. Immer wieder gab es Verbotedes Sächsischen Hofes, den Ausgangsstoff Kaolin außer Landes zuschaffen. Illegale Exporte standen unter Strafe.
Im Laufe der Zeit änderten die Schwerter ihr Aussehen. Bei einigenVersionen der Frühzeit ist ein Punkt zwischen den Griffen zu sehen,auch Buchstabenkombinationen gab es. Als Camillo Graf Marcolini 1774die Manufaktur als Direktor übernahm, ließ er unterhalb der Schwerternoch einen Stern als Zierde aufmalen. Die heute übliche Schwerterformstammt von 1934. Hannes Walter hält sie für besonders gelungen undspricht von einer «schwungvollen» Variante.
Wenn die Gekreuzten Schwerter bei Auktionen auftauchen, muss derBieter gewöhnlich tief in die Tasche greifen. Der Kurs für das «WeißeGold» steigt, die «Porzellan-Währung» ist härter als der Euro. «Vielesehen in Meissener eine Wertanlage», sagt UnternehmenssprecherinGundela Corso. Mit Sammler-Editionen sorgt die Manufaktur dafür, dassdie Leidenschaft der Porzellanliebhaber nicht nachlässt.
Das teuerste Stück der neuesten Kollektion - ein «Tafelaufsatz fürden Grafen Brühl» - kostet 125 000 Euro. Vor einem Jahr wurde aufeiner Auktion in Paris ein Rekordpreis für europäisches Porzellanerzielt. Für zwei lebensgroße Reiher-Figuren von Chefmodelleur JohannJoachim Kaendler (1706-1775) gab ein anonymer Bieter 5,6 MillionenEuro.
«Die Schwerter sind gleichsam ein Qualitätsversprechen an unsereKunden», sagt Walter. Die Marke trägt er diskret als kleinesAbzeichen am Anzug. Heutige Produktpiraten sieht der Chef nicht nurin Asien. «Die meisten Versuche gibt es im Inland. Unlängst wurdefalsches Meissener im Internet angeboten. Das war sogar noch teurerals das Original.» Walter geht mit dem Thema entspannt um.Fälschungen seien ein Problem, welches die Manufaktur seit Mitte des18. Jahrhunderts hatte. «Damit muss jeder leben, der eine gute Markebesitzt. Trotzdem gehen wir konsequent gegen Fälschungen vor.»