Handwerk Handwerk: Export in 30 Länder

Hundshübel/dpa. - «Qualität setzt sich eben durch», meint der 63-Jährige. Mit SohnChristian (33) führt er die Hans-Jürgen Müller KG im erzgebirgischenHundshübel. Aus dem in eine grüne Hügellandschaft eingebetten Dorfgehen unter dem Markenzeichen «Mühle-Pinsel» seit exakt 60 JahrenRasierpinsel in die Welt. Derzeit stehen rund 30 Länder, vor allemwesteuropäische und die USA, auf der Exportliste. Der Betrieb mit 22Beschäftigten vereint eine 150 Jahre alte Handwerkstradition derRegion und industrielle Fertigung. Und er ist der einzige seiner Artin Ostdeutschland.
Eine Zahl für ganz Deutschland zu erfahren, ist nicht einfach. «Esist ein sehr kleines Marktsegment, das erklärt auch die bescheideneDatenlage», sagt Stephan Mieth, Geschäftsführer des Bundesverbandesder Deutschen Bürsten- und Pinselmacherindustrie in Düsseldorf. Für2001 weist die Statistik noch drei andere Betriebe aus. «DieRasierpinsel-Branche ist eigentlich schon gestorben», meint derVerbandschef. «Wer überlebt hat, hat sich ein Segment gesichert, dasvielleicht stabil bleibt. Bei wertvollen Produkten kann man damitauch Geld verdienen.»
Wie zum Beispiel in Hundshübel: «Wir schreiben schwarze Zahlen»,versichert Juniorchef Christian Müller. Nach Firmenangaben ist derUmsatz 2004 um 15 Prozent auf rund 3 Millionen Euro gestiegen. DasWerk haben im vergangenen Jahr etwa 1,5 Millionen Rasierpinselverlassen. Zur Produktpalette gehören jährlich auch rund 100 000Rasiersets mit Accessoires und 80 000 Stück Seife.
«Das gründliche Einseifen ist das Wichtigste bei einer Nassrasur,und das geht nur mit einem guten Pinsel», empfiehlt der Seniorchef.Am besten mit einem aus Dachshaar: «Es ist besonders weich, dabeielastisch, hält zehn Jahre und länger und fühlt sich auf der Hauteinfach gut an.» Das Fell eines Dachses liefert 40 Gramm für dieFertigung geeignetes Haar, das vorwiegend in China eingekauft wird.Dachs macht rund 20 Prozent der «Mühle»-Pinsel im Premium-Segmentaus.
In einer Halle rattern Maschinen. Hier werden die mitSchweineborsten bestückten Standard-Produkte gefertigt. Ein paarSchritte nebenan Stille - es ist der Dachsbereich. Hier istHandarbeit gefragt. Lehrling Ines Nestler greift sich ein Büschel undlegt es auf die Handwaage. 11,5 Gramm müssen es sein, mal sind es zuviel, mal zu wenig. «Mit dem ersten Griff die richtige Menge zufassen, das hat man erst nach langer Zeit drauf», sagt Ines Richter,die schon neun Jahre dabei ist. Am Ende eines Arbeitstages sind rund100 Dachshaar-Pinsel durch ihre Hände gegangen.
Das Familienunternehmen ist zwei Mal gegründet worden. Knapp zweiMonate nach Ende des Zweiten Weltkrieges begannen die Eltern vonHans-Jürgen Müller in der heimischen Waschküche. 1972 wurde derBetrieb verstaatlicht. Den zweiten Neubeginn gab es nach der Wende.«Wir haben im November 1990 wieder bei Null angefangen und zwei, dreiJahre ums Überleben gekämpft.» Bergauf ging es dank höchster Qualitätbei dennoch moderaten Preisen, durch Flexibilität und das Eingehenauf die Kunden. So wurde zum Beispiel der Wunsch eines Försterserfüllt: Er bekam in Einzelanfertigung seinen Pinsel aus dem Haareines selbst erlegten Dachses.