Handel Handel: Das Geschäft mit «Mystery Shopping» boomt

Münster/dpa. - Daniel ist nicht verliebt, nein, er ist «MysteryShopper» und will deshalb auch nicht mit Nachnamen genannt werden.«Testkäufer» heißt sein Beruf in Kurzform auf Deutsch. Inkognitoprüft er wie 20 000 weitere Menschen für einen der bundesweit größten«Mystery Shopping»-Anbieter Kundenfreundlichkeit undVerkaufsverhalten von Handygeschäften, Tankstellen und weiterenDienstleistern - ein boomendes Geschäft.
«Zu "Mystery" Shopping gibt es keine Alternative, was die Messungvon Service-Qualität betrifft», meint WirtschaftswissenschaftlerProf. Nobert Drees von der Fachhochschule Erfurt. Testkaufen gewinneimmer mehr an Bedeutung, weil die Produkte austauschbar seien. DieWettbewerber könnten sich nur noch über den Service voneinanderabgrenzen. «Innerhalb der Marktforschung ist "Mystery Shopping" deram stärksten wachsende Bereich.» Händler und Dienstleister lassensich die Scheinkäufe nach Angaben des europäischen Verbands «MysteryShopping Provider Association» (MSPA Europe) mittlerweile rund 210Millionen Euro pro Jahr kosten. Bis 2010 wird mit einer jährlichenUmsatzsteigerung von elf Prozent gerechnet.
«Die meisten Leute machen den Job aus der Überzeugung, dieEinkaufswelt verbessern zu können - wie auch ich», sagt Daniel nachseinem Einsatz. Sein Auftraggeber, das Münsteraner Unternehmen «MSMGermany Marketing, Service & Management GmbH», zahlt dem Bürokaufmannfür seinen Nebenjob je nach Aufwand zwischen 8 und 50 Euro. «Fürmanch' einen ist es auch ein finanzielles Zubrot», erzählt ChristianKarrenbauer, Mitglied der MSM-Geschäftsführung. Hausfrauen,Studenten, Ingenieure, Beamte - mit einem breiten Spektrum an Testernwarten die Münsteraner auf, die auch international mitNiederlassungen in Österreich und China vertreten sind. Ein lohnendesGeschäft: Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich der Umsatzvon MSM verdoppelt.
«Jeder zehnte Test geht in die Hose», erzählt Karrenbauer. Dasheißt etwa: Fachkräfte im Reisebüro raten Kunden von ihrem Traumzielab oder schicken diese mit Katalogen weg. Quer durch alleAuftraggeber seien die Kernprobleme stets die gleichen: DerKaufwunsch des Kunden wird nicht ermittelt, es kommt zu keinemVerkaufsabschluss. «So richtig grobe Fehler sind aber die Ausnahme»,sagt Tester Daniel. Er selbst hat bei einem Autokauf einen «absolutenHammer» erlebt. Mit einem Vorführwagen wurde er gebeten, sieben LiterSprit zu tanken. Die Kosten hat er nicht komplett ersetzt bekommen.Der Kommentar des Autoverkäufers lautete: «Sie sollten für siebenEuro tanken und nur die kriegen sie zurück.»
Auf ihre verdeckten Einsätze werden Daniel wie seine Testkollegenunter anderem in Schulungen mit simulierten Einkaufssituationenvorbereitet. In speziell entwickelten Fragebögen beurteilen sie nachTestabschluss sowohl die Ausstattung des Geschäfts, Sauberkeit,Kleidung der Berater als auch das Verkaufs- und Beratungsgespräch.
Die Gewerkschaft ver.di sieht «Mystery Shopping» auch kritisch.Häufig sei zu erleben, dass die Tester erfolgsabhängig orientiert ander Aufdeckung von Fehlern bezahlt werden, sagte ver.di-Handelsexperte Folkert Küpers. Dies führe zu Manipulationen undkonstruierten Vorfällen, die die Mitarbeiter in ein schlechtes Lichtrücken könnten.
«Ich fühle mich weniger überprüft, sondern sehe die Tests alsFeedback, um mich zu verbessern», sagt Verkäuferin Heike Schöppner(38), die Daniel beraten hat. Genau das ist auch das Ziel derbeobachteten Unternehmen: «Wir können wunderbar messen, wo wir nochDefizite haben und wo unsere Stärken sind. Wir bekommen somitwertvolle Hinweise für ein besseres Verkaufskonzept», sagt ThorstenFluck, Leiter des Geschäftsbereichs Shops desTelekommunikationsanbieters «The Phone House». Es gehe nicht darum,Mitarbeiter zu sanktionieren. Fluck schwört auf die unbekanntenKäufer: «"Mystery Shopping" hat einen großen Beitrag dazu geleistet,dass wir in den vergangenen zwei Jahren je Filiale unseren Umsatz umzehn Prozent erhöht haben.»