1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Grüne Traditionen: Grüne Traditionen: Palmsonntag - Wedeln für das ewige Leben

Grüne Traditionen Grüne Traditionen: Palmsonntag - Wedeln für das ewige Leben

Von Helga Panten 04.04.2012, 10:58
In Deutschland gab es früher keine Palmwedel - als Ersatz wurden für die Feierlichkeiten andere Pflanzen ausgewählt, neben Wacholder und Tanne auch Buchs. (FOTO: ARCHIV/DPA)
In Deutschland gab es früher keine Palmwedel - als Ersatz wurden für die Feierlichkeiten andere Pflanzen ausgewählt, neben Wacholder und Tanne auch Buchs. (FOTO: ARCHIV/DPA) dpa

Bonn/dpa. - Ostereier, Osterhase und Osterglocken - auf denersten Blick dreht sich das Osterfest vor allem um dieses Trio. InWahrheit können Pflanzenfreunde aber vor allem in katholischenRegionen weitaus mehr an gelebtem Brauchtum entdecken. Vieles davondreht sich bereits um den Palmsonntag zu Beginn der Karwoche, an demPalmzweige und -buschen eine wichtige Rolle spielen - in diesem Jahram 20. März.

Schon zu Beginn des fünften Jahrhunderts zogen Jahr für Jahr amSonntag vor Ostern Menschen mit Palmwedeln und Ölzweigen in die StadtJerusalem ein. Vom elften Jahrhundert an sind solche Prozessionenauch für Rom nachgewiesen. Von dort aus verbreitete sich der Brauchmit dem Christentum und ist bis heute in vielen katholischen Ländernlebendig.

Im Mittelmeerraum und in Lateinamerika tragen die Teilnehmer vonPalmsonntagszügen nach wie vor Palmwedel in den Händen und lassen siein der Kirche segnen. Viele Spanienurlauber kennen die oft kunstvollgeflochtenen Wedel, die später durch Fenstergitter gewunden oder überden Türen angebracht werden, um das Haus vor Unheil zu bewahren. Seitder Antike gelten Palmzweige als Zeichen den Lebens, der Hoffnung unddes Sieges und wurden in christlicher Zeit zum Symbol der Märtyrer.

In Deutschland gab es in früheren Jahrhunderten keine Palmwedel.Als Ersatz wurden für die Feierlichkeiten andere Pflanzen ausgewählt,die man mit ewigem Leben und Unsterblichkeit verband oder die fürFrühling und Fruchtbarkeit standen. So wurden Immergrüne wie Buchs,Wacholder, Tanne, Thuja und Eibe ebenso zu Palmsonntagszweigen wieHaselruten, Weidenzweige und Seidelbast. Einige Gewächse tragen ihreBedeutung für den Feiertag sogar im Namen, etwa die Salweide (Salixcaprea), deren silbrige Blüten oft als Palmkätzchen bezeichnetwerden, oder der Ilex (Ilex aquifolius), im Volksmund Stechpalmegenannt.

Hier und da mischen sich auch Eichenzweige in den Palmstrauß - einRelikt aus germanischer Zeit. Die Zweige waren damals dem Gott Donargewidmet, dem Herrscher der Gewitter und der fruchtbaren Erde. Erbesiegte alljährlich den Eisriesen, so dass der Frühling Einzughalten konnte. Die christliche Kirche versuchte, solche alten Mythenzu unterdrücken und wies der Eiche eher negative Attribute zu. Aberim Palmstrauß hält sie unbeirrbar ihren Platz.

Das Aussehen der Palmsträuße oder -buschen unterscheidet sich vonRegion zu Region. Gern wird ein Dreiklang als Sinnbild des Sieges,des Friedens und der Freude genutzt. Dem entsprechend werden zumBeispiel Kätzchenzweige, Ranken vom Kleinen Immergrün und Buchsbaumzum Palmbuschen zusammengebunden oder aber Wacholder, Haselruten undStechpalme.

In manchen Regionen müssen es dagegen drei gleiche Zweige sein -etwa drei Eichenzweige mit trockenem Laub, drei Buchsbaum- oder dreiHaselzweige. Anderswo setzt man auf eine ganz bestimmte Pflanze, soim Raum Köln, wo der Palmstrauß ausschließlich aus Buchsbaum gebundenwird. Dieser wuchs früher nicht nur in jedem Garten. Er vereint insich auch die christliche Symbolik der Unsterblichkeit und des ewigenLebens sowie den Volksglauben, der ihm die Kraft zuschreibt, denTeufel und alles Böse zu vertreiben.

Unterschiedlich wird auch gehandhabt, wer den Palm tragen darf:Mal sind es wie in vielen Regionen Bayerns nur die Kinder, die in derOsterzeit zum ersten Mal zur Kommunion gehen werden. In Klagenfurt inÖsterreich basteln die Schulkinder den Palm und bringen ihn mit indie Kirche.

In Bad Oberdorf und Bad Hindelang im Oberallgäu ist das Tragen der dort traditionell gefertigten Palmstecken die Aufgabe der jungenBurschen. Denn etwas Muskelkraft ist schon erforderlich, um die biszu zehn Meter langen Stangen mit Anstand zur Kirche zu tragen. In St.Peter im österreichischen Katschtal gibt es die mit 14 Metern wohllängsten Palmstecken. Sie erinnern an die germanischen Lebensbäume,die als Symbole der Fruchtbarkeit aufgestellt wurden.

Bunte Bänder, bemalte Eier, Brezeln, Krepppapierstreifen oder auchkleine Äpfel können den Palm schmücken. Auch lange Hobelspäne findenmancherorts ihren Platz. Manchmal werden auch die Stecken, die denPalmstrauß tragen, mit Mustern verziert. Denn schön soll er aussehen,wenn er gesegnet und anschließend nach Hause getragen wird, umUnglück, Krankheit und Unwetter von Haus und Hof abzuwehren.

Oft wird der gesegnete Palmstecken vor der Haustür platziert, aberauch auf den Feldern findet man ihn. Auch viele Autos werden miteinem Zweig davon versehen. Gesundheit versprechen ein paar Kätzchen,Nadeln oder Blätter im Sonntagsessen. «Palmtee» soll vor Lungenkrankheiten schützen, und auch mit Brezeln oder anderemBackwerk vom Palmstrauß lässt sich der Segen verinnerlichen.

Wer an die schützende Wirkung des Palm glaubt, bei dem hält siebis zur nächsten Fastenzeit an. Dann wird er am Aschermittwochverbrannt. Als Aschenkreuz tragen die Bußfertigen an diesem Tag seineÜberreste auf der Stirn. Fünfeinhalb Wochen lang müssen Haus und Hofnun ohne den Segen des Palms auskommen, erst dann wird der nächstegeweiht.