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Glasbläserei Glasbläserei: Filigrane Kostbarkeiten aus dem Harz

Von Sabine Fuchs 27.06.2005, 05:49
Die Mitarbeiterin Nicole Bennecke ordnet im Schauraum der Glasmanufaktur Harzkristall in Derenburg (Sachsen-Anhalt) farbige mundgeblasene Glaskugeln, die als Lampen genutzt werden können (Foto: dpa)
Die Mitarbeiterin Nicole Bennecke ordnet im Schauraum der Glasmanufaktur Harzkristall in Derenburg (Sachsen-Anhalt) farbige mundgeblasene Glaskugeln, die als Lampen genutzt werden können (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Derenburg/dpa. - Eine rote Brockenhexe ziert fast jedes derfiligran gearbeiteten Stücke der Glasmanufaktur Harzkristall inDerenburg. Doch mit Hexerei hat die Arbeit in einer der wenigen nochverbliebenen Glasbläsereien Deutschlands bei weitem nichts zu tun.Mit großem Fingerspitzengefühl, viel Erfahrung und einer eineinhalbMeter langen Glasmacherpfeife fertigen die Handwerker die im In- und

Ausland gefragten Kostbarkeiten aus dem Harz. Dazu gehören Leuchten,Schalen, Vasen und Kerzenhalter. «Etwa 250 verschiedeneGeschenkartikel und 450 Leuchtengläser haben wir im Programm», sagtProduktionsleiter Volker Arnold.

Die Referenzliste der Manufaktur ist lang: Der Berliner Dom undder Bundestag, das Bauhaus in Dessau gehören ebenso dazu wie dasBundesverwaltungsgericht in Leipzig und eine Kirche im kanadischenCalgary. Dabei fertigten die Glasbläser Stücke nach neuen Entwürfenoder stellten historische nach. Die Denkmalpflege ist eine Nische,auf die sich die 35 Mitarbeiter spezialisiert haben. «Wir könnenLeuchten nach alten Skizzen oder selbst mit dem Fragment eines Glaseswieder aufleben lassen», sagte Arnold, der seit mehr als 30 Jahren imUnternehmen beschäftigt ist.

Die Geschichte der Glasmanufaktur begann nach dem ZweitenWeltkrieg, erzählt Nicole Bennecke. Sie führt die zahlreichenBesucher durch das Haus, die mehr über die Geschichte derGlasbläserei und der Manufaktur erfahren oder den Glasbläsern bei derArbeit zuschauen wollen.

Damals ließen sich sudetendeutsche Heimatvertriebene in Derenburgnieder und begannen mit der Herstellung von Glas. 1949 wurde aus derGenossenschaft ein volkseigener Betrieb, dessen Güter wie Gläser undVasen in der DDR als typische Bückware gehandelt wurden.

1993 übernahm das Land Sachsen-Anhalt die Manufaktur von derTreuhand. Im Herbst 2004 wurde sie privatisiert. Eigentümer ist nunGerhard Bürger von der Unternehmensgruppe Bürger AG aus Hildesheim.Der Gesellschaft, die zahlreiche Baumärkte betreibt und weltweit an57 Standort präsent ist, gehört auch die bekannte Farbglashütte imthüringischen Lauscha. «Mit der Umsatzentwicklung in Derenburg sindwir zufrieden», sagt der Sprecher des Unternehmens, Georg Banderau.Genaue Zahlen sollen aber erst im Herbst 2005 vorgelegt werden.

«Im Grunde hat sich an der Glasbläserei seit Jahrtausenden kaumetwas geändert», sagt Arnold. Bereits die alten Ägypter verstandenes, mundgeblasene Glasgefäße aus Sand, Soda, Pottasche und Kalkherzustellen. Kurz vor der Zeitenwende wurde in Syrien dieGlasmacherpfeife erfunden. Diese Technik wurde später von den Römernnach Europa gebracht.

Die Grundlage für den Tag in Derenburg legt der Schmelzer am Abenddavor, indem er das Gemisch im Ofen ansetzt. Die Grundstoffe werdenbei rund 1500 Grad Celsius etwa zehn Stunden in einem Tiegelgeschmolzen, ehe die Glasbläser die glühenden Klumpen in diegewünschte Form bringen können. Sie tun das entweder frei oder nehmenHolzformen zu Hilfe. Bei etwa 500 Grad nimmt das Glas seineendgültige Form an. Dann kommt es auf eine Kühlbahn, ehe es durchSchleifen oder Polieren vollendet wird und das Markenzeichen vonHarzkristall, die rote Brockenhexe, aufgedrückt bekommt.