Gesundheit Gesundheit: DocMorris droht vor EU-Gericht zu scheitern
Luxemburg/Brüssel/dpa. - Damit sinken die Chancen für mehr Wettbewerbunter den Apotheken. Deutsches Recht, das nur Apothekern dasBetreiben einer Apotheke erlaube, stimme mit EU-Gesetzen überein,berichtete der einflussreiche Gutachter des EuropäischenGerichtshofes (EuGH), Yves Bot, am Dienstag in Luxemburg.Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und die Pharma-Industriebegrüßten die Stellungnahme. Mit einem Urteil wird im kommenden Jahrgerechnet.
Wie Bot weiter mitteilte, könne die Niederlassungsfreiheit in derUnion eingeschränkt werden, um die Bevölkerung in angemessener Weisemit Arzneimitteln zu versorgen. In dem Musterfall geht es um eineApotheke in Saarbrücken, die seit 2006 von der Internet-Versandapotheke DocMorris aus den Niederlanden betrieben wird. DieApothekerzunft meint, dass DocMorris gegen deutsche Gesetze verstößt.
Ministerin Schmidt sagte am Rande eines Treffens mit ihreneuropäischen Amtskollegen in Brüssel, Bots Auffassung decke sich mitder Berlins. «Wir haben immer gesagt, dass die Organisation desGesundheitswesens in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fällt.» Siefügte hinzu: «Uns kommt es darauf an, dass eine Apotheke nur voneinem Apotheker geleitet wird und auch nur im Besitz eines Apothekersist.»
Bislang dürfen nur Pharmazeuten mit Kammerzulassung Apothekenbetreiben und höchstens drei Filialen besitzen. Ein ähnlichesFremdbesitzverbot in Italien steht ebenfalls beim EuGH auf demPrüfstand. (Rechtssachen: C-171/07, C-172/07)
Das Gesundheitsministerium des Saarlands hatte 2006 DocMorris dasBetreiben der deutschlandweit bisher einzigen Apotheke genehmigt. Esgibt zudem weitere Apotheken mit dem grünen DocMorris-Kreuz, beidenen der Apotheker Inhaber bleibt, aber von den Preisen desUnternehmens für rezeptfreie Arzneien profitieren kann.
Wie der Generalanwalt beim EuGH weiter mitteilte, könne jederMitgliedstaat entscheiden, auf welchem Niveau er denGesundheitsschutz gewährleisten wolle. Bot wies auch ausdrücklich aufden Zusammenhang zwischen einem unabhängigen Apothekenbetrieb und derQualität der medizinischen Versorgung hin. Das Gericht ist nicht andie Haltung des Gutachtern gebunden, folgt aber später bei seinemUrteilen sehr häufig der vorgegebenen Linie.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie teilte mit, erstehe hinter dem System der inhabergeführten Apotheke als «Garant fürunabhängige Beratung und Therapiequalität». Der Verband plädiert auchdafür, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlichapothekenpflichtig zu lassen. Die Generikaindustrie stieß in dasgleiche Horn. Die unabhängigen Apotheken hätten «einen wichtigenEtappensieg erzielt», teilte der Verband Progenerika mit.
Fritz Oesterle, der Vorstandsvorsitzender von Celesio, derMuttergesellschaft von DocMorris, sagte: «Mit dem Schlussantrag sindwir der endgültigen Entscheidung des EuGH ein Stück näher gekommen.»Er fügte hinzu: «Für uns wird mit dem Urteil des EuGH endgültigKlarheit über die weitere Entwicklung des deutschen Apothekenmarktesherrschen.»
Das Saarland sah durch das deutsche Apothekengesetz daseuropäische Recht zur Niederlassungsfreiheit verletzt. Nach einerKlage von Apothekern und einer zwischenzeitlich verfügtenvorübergehenden Schließung verwies das Verwaltungsgericht inSaarbrücken im März 2007 den Fall an den EuGH.