Gastgewerbe Gastgewerbe: Mehr Gäste braucht das Land
MAGDEBURG/HALLE/MZ. - Wenn die Zahlen stimmen, trügt das Gefühl. Frank Doepelheuer, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststätten-Verbands (Dehoga) Sachsen-Anhalt sagte, die Auslastung des Vorjahres hätten die Hotels und Gaststätten des Landes nicht erreicht. Zumindest was die Auslastungsquote der Betten von April bis Juli 2010 anbelangt, gilt dies nicht: 30,5 Prozent betrug diese - im Vorjahreszeitraum hatte sie bei 29,7 Prozent gelegen, so das Statistische Landesamt. Leichte Einbußen gab es nur von Januar bis März 2010, da betrug sie 20,8 Prozent.
"Das erste Quartal lief miserabel", sagt Frank Neubert, einer von zwei Inhabern der Pension "An der Stadthalle" in Wittenberg. Im "langen, kalten Winter" blieben viele der 33 Betten im Haus bis einschließlich April oft leer. Im Mai und Juni hätten jedoch ähnlich viele Gäste übernachtet wie im Vorjahr, so Neubert. Nun erwartet er ein normales Jahr, nur hatte er sich im Vorhinein mehr erhofft.
Auch im höherpreisigen Segment bestätigt sich die Statistik: Im Acron-Hotel in Wittenberg sehe es "zwar nicht rosig, aber auch nicht dramatisch" aus, so beschreibt es Martina Kettenbeil, leitende Angestellte des Hotels. Im Luther-Hotel am gleichen Ort sei man ähnlich ausgelastet gewesen wie im ersten Halbjahr 2009, dort sei "ein Zuwachs nicht gelungen", obwohl der anvisiert war, erklärte Roger Voigt, Direktor des Vier-Sterne-Hotels.
Grund zur Klage gibt es erst, wenn man über den Tellerrand der Landesgrenze schaut: Die Bettenauslastung lag im ersten Quartal im Bundesdurchschnitt vier Prozentpunkte über der in Sachsen-Anhalt. Doch Gäste blieben nicht nur in Stadtstaaten oder den Alpen über Nacht, sondern auch in Thüringen und Sachsen waren sie häufiger Schlafgäste: Dort lag die Auslastung im ersten Quartal bei 27 Prozent und 28,5 Prozent.
Was muss getan werden, damit die Touristen nicht nur durch Sachsen-Anhalt hindurchreisen, sondern auch Halt machen? Der Dehoga-Präsident des Landes: "Die Hotels müssen sich spezialisieren und mit der Spezialisierung auch werben." Das bestätigt Stefanie Heckel, Sprecherin des Dehoga-Bundesverbandes. Gerade der Bereich "Wellness und Gesundheit" könne noch wachsen: "Hier gibt es auch in Sachsen-Anhalt noch einiges Potenzial."
Auch das Thema Familien-Urlaub sei brandaktuell, fügt Heckel vom Bundesverband hinzu: "Viele Eltern suchen gezielt Hotels, bei denen es auch Betreuungsangebote für ihre Kinder gibt." Für Mittelklasse-Hotels sei die Situation dagegen schwierig, räumt sie ein: "Auf den Markt drängen immer mehr Billig-Hotels, die mit sehr wenig Service, aber auch niedrigen Preisen viel Kundschaft anziehen."
Doepelheuer will aber noch mehr: Die Unternehmen müssten sich stärker im Internet präsentieren, fordert er. Außerdem sollten sich die Mitarbeiter der Hotels, Pensionen und Gaststätten auch fachlich immer weiterqualifizieren, fügt der Dehoga-Präsident Sachsen-Anhalts hinzu. Dafür verwies er auf die gerade gegründete Dehoga-Fachakademie Sachsen-Anhalt, die in den benötigten Bereichen fortbildet.
Das Internet hat derweil bereits das Übernachtungsgewerbe verändert: Es gäbe heute viel mehr kurzfristige Buchungen als früher, stellten Hotel-Leiter wie Dehoga-Präsident fest. Statt mit Frühbucherrabatten zu arbeiten, verreisten viele Urlauber heute offenbar kurzentschlossen.