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FlowTex-Prozess FlowTex-Prozess: Langjährige Haftstrafen für Manager

18.12.2001, 09:27
Der Hauptangeklagte Manfred Schmider (M.) mit
Der Hauptangeklagte Manfred Schmider (M.) mit dpa

Mannheim/dpa. - Der Vorsitzende Richter Michael Meyer sprach von einem «nie dagewesenen Ausmaß des Betrugs». Schmider galt bis zu seiner Verhaftungim Februar 2000 als beispielhafter Vorzeigeunternehmer. In Wahrheithatte der 52-Jährige aber mit seinen drei Mitangeklagten einekriminelle Gruppe gebildet, die in dem gigantischen Fall fast zehnJahre lang Leasingfirmen und Banken prellte und belog - darunterrenommierte internationale Größen wie Dresdner Bank, Commerzbank unddie Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.

Schmider zweigte laut Gericht mindestens 325 Millionen DM für sichab - er kaufte Villen rund um den Globus, Luxusyachten, einePrivatjet und eine Gemäldesammlung. Eine Mitschuld treffe Banken undWirtschaftsprüfer nicht, sagte Meyer. Der derzeitige Restschaden nachder Beschlagnahmung aller greifbaren Vermögenswerte beläuft sichimmer noch auf 1,6 bis 1,8 Milliarden DM.

Schmiders Ex-Kompagnon Klaus Kleiser als ehemaliger zweiter Mannbei FlowTex wurde zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. DieGeschäftspartnerin Angelika Neumann bekam siebeneinhalb Jahre, Ex-Finanzchef Karl Schmitz sechseinhalb Jahre. Das Gericht lehnte dieAufhebung der Haftbefehle ab - unter anderem, weil immer noch«Beträge in erheblicher Millionenhöhe in der Gegend umherschwirren»,sagte Meyer.

Mit zwölf Jahren Gefängnis ist Schmider der am härtesten bestrafteWirtschaftskriminelle seit langem. Der Manager nahm das Urteilgefasst auf. Schmiders Einzelstrafen für die mehr als 240Betrugsfälle ergäben zusammengerechnet sogar 762 Jahre Gefängnis, wieRichter Meyer vorrechnete. Die Anklage hatte zwölf Jahre und fünfMonate gefordert.

Vor dem harten Urteil war immer wieder über Mauscheleien derJustiz spekuliert worden. Richter Meyer widersprach dem energisch:«Es ist absolut unrichtig, dass zu irgendeinem Zeitpunkt von oben,insbesondere vom (baden-württembergischen) Justizministerium,Einfluss genommen wurde.» Anlass der Spekulationen sind unter anderemdie Ermittlungsverfahren gegen ein halbes Dutzend KarlsruherFinanzbeamte. Sie sollen schon vor fünf Jahren von dem Betrug gewussthaben.

Das Geschäftsmodell war simpel: Die zur FlowTex-Gruppe gehörendeFirma KSK verkaufte die virtuellen Bohrgeräte an dieLeasingunternehmen. Die Firma FlowTex Technologie selbst trat alsLeasingnehmer auf, der die nicht existenten Bohrgeräte angeblichsofort übernahm. Dass KSK und FlowTex zusammengehörten, wussten dieOpfer nicht. Doch mit steigenden Einnahmen wurden auch die fälligenLeasingraten in dem Schneeballsystem immer höher. Und langfristigwaren die Ausgaben höher als die Einnahmen, weil die Leasingfirmennaturgemäß nicht billiger verleasten, als sie eingekauft hatten.

«Wer einmal den Tiger reitet, kann nicht mehr abspringen», sagteMeyer. Um den Kapitalbedarf von zuletzt monatlich mehr als 60Millionen DM zu decken, wollten die FlowTex-Bosse mit einer faulenAnleihe 300 Millionen Euro ergaunern. Das scheiterte in letzterSekunde im Februar 2000 an Schmiders und Kleisers Festnahme.

Das Urteil bedeutet noch nicht das Ende des FlowTex- Skandals. DieMannheimer Justiz wird noch auf Jahre zu tun haben. «Wir haben mehrals 40 Ermittlungsverfahren», sagte Staatsanwalt Reinhard Hofmann.«Ich glaube, so etwas hat noch nie jemand in diesem Umfang erlebt.»