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Fischerei Fischerei: Chinesische Wollhandkrabben kommen aus der Elbe

Von Grit Büttner 27.07.2006, 09:16
Eine der chinesischen Wollhandkrabben, die von der Binnenfischerei Mecklenburg (Bimes) derzeit in der Elbe bei Dömitz (Landkreis Ludwigslust) gefangen werden. (Foto: dpa)
Eine der chinesischen Wollhandkrabben, die von der Binnenfischerei Mecklenburg (Bimes) derzeit in der Elbe bei Dömitz (Landkreis Ludwigslust) gefangen werden. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Dömitz/Havelberg/dpa. - Langsam tuckert ein Fischerkahnnäher. Die junge Bootsführerin greift das Ende einer Reuse und hievtdie tropfende Fracht an Bord. Keine Aale, Barsche, Hechte oderZander, sondern hunderte brauner Krebstiere mit Haaren an Scheren undBeinen wuseln im Netz: Chinesische Wollhandkrabben, die Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Ballastwasser von Handelsschiffen nachEuropa eingeschleppt und in größeren Flüssen heimisch wurden.

Die einzigen «deutschen» Süßwasser-Krabben finden sich massenhaftin der Elbe bis Dresden, bedrohen als Allesfresser fast ohnenatürliche Feinde die heimische Fauna und wandern im Hochsommer zumPaaren zur Nordsee. «Ein Teppich von Wollhandkrabben läuft hier überden Grund», deutet Elbfischerin Steffi Ratzkowsky ins Wasser. EinTeil dieser Wandergesellschaft verirrt sich dann auch in ihre Reusen.Die Fischerin im mecklenburgischen Dömitz (Landkreis Ludwigslust)gehört zu den wenigen ihrer Zunft, die erwerbsmäßig den asiatischenWassertieren nachstellen. Denn erst seit kurzem lassen sich dieKrabben in Deutschland vermarkten. Käufer der Delikatesse sindchinesische und vietnamesische Familien wie auch Asienläden undRestaurants.

Die Binnenfischerei Mecklenburg GmbH Schwerin (Bimes) vertreibtdie Krabben ihres Dömitzer Standortes seit 2005 bundesweit überFischhändler, sagt Geschäftsführer Guido Thies. Pro Saison gehen ausder Elbe und dem Nebenarm Löcknitz rund drei Tonnen Wollhandkrabbenan die Abnehmer. Der Fang der Exoten füllt Einnahmelücken: «Erbessert ein wenig unser Sommergeschäft auf», so Thies. Dies seidringend nötig, denn die Kormoranplage habe die Fischausbeute ausMecklenburgs Binnengewässern bereits mehr als halbiert. Die Bimesetwa «erntet» statt 120 bis 150 Tonnen nur noch 60 Tonnen Fisch proJahr und lebt inzwischen mehr vom Zu- und Weiterverkauf von Aalen undForellen aus Holland, Dänemark und Polen.

Auch Brandenburger Fischer landen notgedrungen die Krabben ausElbe und Havel tonnenweise für chinesische Köche an, sagt FischerWolfgang Schröder aus Strodehne bei Havelberg. «Die kleinen Krabbenwerden roh mit Salz durch den Fleischwolf gedreht und alsSuppengrundlage eingefroren, die großen kommen ins heiße Öl oderKochwasser und können wie Hummer ausgepult werden», weiß er.

Drei mal die Woche leert die Dömitzerin Ratzkowsky die Reusen, dieaus «scherensicherem» Polyethylen-Garn bestehen. Zerstörung indesdroht von Menschenhand: Immer wieder werden die teuren Fanggerätegestohlen. Jedes Jahr hat die Bimes 20 Prozent Verlust und muss für15 000 Euro neue Netze anschaffen, klagt Geschäftsführer Thies.Steffi Ratzkowsky geht daher derzeit nur mit 15 Doppel-Reusen aufJagd nach Wollhandkrabben. Rund 100 Kilogramm pro Woche holt sie ausdem Fluss. Gefischt wird frühmorgens, denn Hitze mögen dieempfindlichen Tiere gar nicht. Um sie dann lebend zum Kunden zubringen, müssen sie in den Hälterbecken noch dauernd besprüht werden,erklärt die Expertin. «Doch wenigstens brauchen wir sie jetzt nichtmehr zurück in die Elbe zu kippen!.»

Aus der Elbe bei Dömitz (Landkreis Ludwigslust) zieht Steffi Ratzkowsky von der Binnenfischerei Mecklenburg (Bimes) eine Reuse mit chinesischen Wollhandkrabben in das Boot. (Foto: dpa)
Aus der Elbe bei Dömitz (Landkreis Ludwigslust) zieht Steffi Ratzkowsky von der Binnenfischerei Mecklenburg (Bimes) eine Reuse mit chinesischen Wollhandkrabben in das Boot. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild