Firmen der Region: Allstedter Spirituosenfabrik Firmen der Region: Allstedter Spirituosenfabrik: Das Magendrücken des dicken Heinrich
Oberröblingen/MZ. - Der dicke Heinrich sei "ein besonders hochwertiger Kräuterlikör", preist Geschäftsführer Jürgen Kaps den "Magenfreund". Statt der zehn bis 15 Gewächse, die normalerweise eingesetzt würden, um einen Schnaps dieser Geschmacksrichtung zu kreieren, haben wir an die 30 Kräuter verwendet, erläutert Destillateurin Dagmar Oppermann. Da Gutes seinen Preis habe, fällt es Schlossberg allerdings schwer, den dicken Heinrich in den Ladenregalen unterzubekommen. Daher das Magendrücken. Lediglich bei der US-Handelskette Wal-Mart sei der "weiche und milde Tropfen" bislang gelistet.
Die eigenwillige Produktbezeichnung geht auf den Bergfried des Querfurter Schlosses zurück. In dessen Umfeld soll der in den 50er Jahren produzierte Bitter noch heute bekannt sein. Irmgard Fuhrmann, Schwiegertochter des Erfinders und damaligen Produzenten, hat der Firma Schlossberg das einst streng gehütete Familienrezept überlassen, "um die Marke wieder aufleben zu lassen". In Tonkrüge gefüllt bereichert der dicke Heinrich nun also das schier unerschöpfliche Sortiment der Kräuter-Liköre. Selbst im eigenen Lager sieht er sich wahrhaft starker Konkurrenz gegenüber: Waldschrat, Boonekamp, Müntzeraner, Fifty-Fifty (auf gut Deutsch Halb und Halb), Stonsdorfer und Kyffhäuser-Bergkräuter bilden die hauseigene Streitmacht. Sie steht für immerhin 35 Prozent des Gesamtumsatzes.
Dennoch: Wenn der aus DDR-Zeiten bekannte Braune "Goldbrand" nicht wäre - er bringt es allein auf 40 Prozent Umsatzanteil - wäre der Überlebenskampf von Schlossberg ungleich schwerer. "Wir stehen bei plusminus Null", meint der Chef. Wohl auch deshalb, weil der Konsum hochprozentiger Spirituosen im Osten seit der Wende von 16 Liter pro Kopf und Jahr auf ganze sechs Liter gesunken ist, wie eine Statistik belegt. Womit sich der Verbrauch auf das Quantum der alten Bundesländer, wo Wein und Sekt dominieren, eingepegelt hat.
Aber nicht nur die veränderten Trinkgewohnheiten machen dem seit 1998 in Oberröblingen (Landkreis Sangerhausen) ansässigen Unternehmen zu schaffen sondern auch die Tatsache, dass sich der Hauptrohstoff Sprit in den letzten zwei Jahren um 60 Prozent verteuert hat. "Das bekommen wir beim Kunden so nicht durch", beklagt der Geschäftsführer und führt gleich noch mit an, dass auch die Kosten für Kartonagen und Flaschen kräftig gestiegen seien.
Um diese Durststrecke rentabel zu überbrücken zu können, wusste sich die Geschäftsführung des Alkohol-Produzenten nicht anders zu helfen, als mit starkem personellen Aderlass. So sind von den 109 Mitarbeitern zum Zeitpunkt der Privatisierung vor zehn Jahren nach mehreren Entlassungswellen ganze zwölf übrig geblieben. Aber selbst mit dieser Mini-Besatzung hat Schlossberg zu kämpfen. Nachdem Kaps´ ehemaliger Kompagnon seine 50 Prozent Anteile an die Westfirma Wilhelm Braun Erben GmbH & Co. KG (Bad Neuenahr / Rheinland-Pfalz) verkaufte, entspannte sich die Lage etwas. So übernahm der neue Partner mit die Buchhaltung. Außerdem werde er eine moderne Abfüll-Linie für Taschenflaschen bei Schlossberg aufstellen, kündigt Kaps an.
Der ostdeutsche Spirituosen-Hersteller versucht aber auch aus eigener Kraft die Gewinnschwelle zu erreichen. Etwa mit neuen Produktideen. So verweist die Destillateurin auf den Kräuter "Mammut". Er sei in Abstimmung mit der Brauerei Sangerhausen, die für ihr "Mammut"-Bier bekannt ist, entwickelt worden, um ein im wahrsten Sinne des Wortes "starkes Doppel" anzubieten. So sind die Schluckflaschen mit dem "Mammut"-Bitter dort zu finden, wo auch der gleichnamige Gerstensaft im Angebot ist.