Festmodehaus Festmodehaus: Uwe Herrmann ist der Brautmacher
Dresden - Oh, Gott, Sie werden mir heute den Tag versauen“, wirft Uwe Herrmann einer Kundin an den Kopf. Die will partout für ihre Hochzeit genauso ein Kleid wie es TV-Blondine Daniela Katzenberger bei ihrer Vermählung trug. Und Uwe Herrmann soll ihr dazu verhelfen. Obwohl der die Wahl unverblümt kommentiert: „Das sah schon ein wenig nach Sahnehäubchen aus, oder?“ Und noch mal Klartext drauf setzt: „Darf ich reden wie ich denke? Ich fand es ein wenig nuttig.“ Zack, das hat gesessen. Da muss die Braut doch ganz schön schlucken. Hilft aber alles nix.
Doku-Soap „Zwischen Tüll und Tränen“ läuft in der zweiten Staffel
Mehr als eine Million Zuschauer amüsieren (oder empören) sich bei solchen Szenen der Doku-Soap „Zwischen Tüll und Tränen“, die fünfmal die Woche nachmittags bei VOX läuft. Derzeit schon in der zweiten Staffel und mit anhaltender Zuschauerresonanz. Wohl auch oder gerade wegen Uwe Herrmann. Der führt in Dresden eines der größten Braut- und Festmodengeschäfte im Lande. Ein Typ, der polarisiert. Im täglichen (Geschäfts-) Leben wie auch vor der Kamera. „Irgendwann war ein Casting, und da haben sie mich wohl als Typ gut gefunden“, schildert Herrmann seinen Weg zum Quotenbringer und kokettiert mit seinem Alter: 53, 55? Alle Angaben, die im Umlauf sind, seien falsch.
Im Fernsehen macht er den Job, dem er sich auch mit mehr als dreißig Mitarbeiten in dem riesigen Laden inmitten der Dresdner City verschrieben hat: angehenden Brautleuten (auch Bräutigame werden bekleidet) zum passgenauen Outfit für den großen Tag zu verhelfen. Außerdem finden hier feierfreudige Ballbesucher Passendes für den perfekten Auftritt. Nicht umsonst zeichnet Uwe Herrmann seit dem ersten Semperopernball für die Entwürfe der Debütantinnenkleider verantwortlich („Das mache ich als Sponsor, verdiene nichts daran. Weil ich mit Leib und Seele Dresdner bin.“) und kleidet so manche Promi-Besucherin ein. Und wie im schönen Elbflorenz so auch beim berühmten Wiener Opernball oder in Paris. Kunden kommen inzwischen aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland und führt durch sein glamouröses Imperium in Dresden.
Tausende Festroben und weit über 3 000 Brautkleider
Auf vielen hundert Quadratmetern hängen hier Tausende Festroben und weit über 3 000 Brautkleider dicht an dicht. In Damengrößen zwischen der spillerigen 32 bis zur imposanten 58! Dass er auch schon mal „für ein Mädchen mit 182 Zentimeter Bauchumfang“ ein passendes Brautkleid gestylt hat, „in dem sie sich wohlfühlte und wunderschön aussah“, zeugt vom Designer-Geschick Uwe Herrmanns, der neben eigenen Exklusivmodellen unter anderem Kostüme für Film und Theater und für eine „Fidelio“-Aufführung in der Semperoper entworfen hat.
Auf den schier endlosen Kleiderstangen im Laden raschelt der Tüll, es knistert der Taft und rauscht die Seide. Aber: „Seide geht gar ni“, befindet der Textil-Auskenner mit Nachdruck. Warum das denn bitte? „Auf so einem Reinseidenen sehen Sie jeden Schweißfleck. Und wenn die Braut schon nicht vor Aufregung schwitzt, geht das spätestens beim Tanzen los. Bei Ballkleidern ist das nicht anders.“ Punkt!
Jede Menge Tipps, mit deren Hilfe Problemzonen weniger Probleme bereiten
Hinter all den wunderschönen Roben sieht er mit sicherem Sinn auch die verflixten Fallen, die der Trägerin womöglich ihr Fest verderben könnten. Da denkt er ganz praktisch und hält überhaupt jede Menge Tipps bereit, mit deren Hilfe Problemzonen weniger Probleme bereiten. Dass etwa Frauen mit üppigen Rundungen einen Figurschmeichler im A-Schnitt wählen sollten. Wohingegen eine große Oberweite mit einem in Wickeloptik gelegten Stoff und V-Ausschnitt, die fehlende Taille mit einem Kleid im Empire-Stil elegant zu kaschieren ist. Heiklen Situationen, bei denen Ballbesucherinnen „ihrem“ Modell an einer anderen Trägerin begegnen, verhindert der erfahrene Ausstatter, der übrigens selbst nie als Gast an solchen Festivitäten teilnimmt („Nur arbeitsmäßig, um vielleicht mal was zu richten.“), mit einem Extra-Trick: „Dazu führen wir im Geschäft ein sogenanntes Ball-Buch. Kleid, Farbe, und Ort des Anlasses werden darin penibel vermerkt. Da tanzt denn auch wirklich nur ein Modell auf dem Parkett.“
Andere Probleme ergeben sich da eher mal für die angehenden Bräute. Bei ihnen nämlich kann sich die Qual der Wahl und bis alles passt und sitzt bis zu sieben Termine lang und damit nicht selten über Monate hinziehen, erläutert der Chef die Sorgfalt bei der ganz persönlichen Beratung. „Jede Braut statte ich so aus, als würde ich sie selbst heiraten wollen“, versichert der geschiedene Vater eines Sohnes, der ebenfalls im Geschäft tätig ist, mit verschmitztem Lächeln. Unwillkürlich kommt der Gedanke auf, ob die Entscheidung fürs absolute Top-Brautkleid unter Umständen mindestens so lange währen kann, wie die für den absolut richtigen Eheliebsten. Was natürlich nicht in die Kompetenz des geschäftstüchtigen „Hochzeits-Papstes“ fällt.
Keineswegs Kritik nur mit Engelszungen
Fürs Outfit immerhin kann Uwe Herrmann seine Sachkunde öffentlich für nunmehr 150 neue TV-Folgen unter Beweis stellen. Keineswegs nur mit Engelszungen, sondern, wie gesagt, durchaus auch teuflisch direkt und ehrlich. „Die Bräute im Fernsehen, das sind ganz normale Terminkunden bei uns im Geschäft, die bereit sind, da mitzumachen. Alles ist real, nichts gefaked“, sieht Uwe Herrmann als wesentliches Plus für den Erfolg des TV-Formats „Zwischen Tüll und Tränen“: „Der Tüll ist echt und die Tränen sind echt. Wenn am Ende alle glücklich sind, gibt das doch auch positive Emotionen.“
Herrmann gibt den amüsanten Plauderer, kommt mit einer Prise Selbstironie etwaig zweifelnden Fragen nach seiner auffällig tiefschwarzen Haarfarbe zuvor: „Das ist, weil ich immer mit jungen Frauen zu tun habe, da bleiben die Haare so schwarz. Is doch echt, ni woar?“ Dabei wirkt er in T-Shirt und Jeans nicht weniger authentisch als in der leger-informellen Kluft aus schwarzem Hemd über schwarzer Hose, die er bei seinen Fernsehauftritten bevorzugt.
Das Entertainment-Gen hilft
Wie der drahtige Typ durch die langen, verwinkelten Geschäftsflure eilt, hier mal grüßt, dort einen Hinweis gibt, zwischendurch am Handy „kurz mal mit China“ spricht, wirkt das durchaus locker, freundlich zugewandt zur Kundschaft wie zu Mitarbeitern. Sein Entertainment-Gen hilft, ganz klar. Privat, versichert er dann doch, privat sei er eigentlich ziemlich anders. Flicht wie zum Beweis beiläufig Zitate von Kant und Brecht ins Gespräch. Spricht über sein Engagement für einen Tierschutzverein, die Verbundenheit zu Natur und Tieren. Erwähnt die ausgleichende Ruhe zur täglichen Hektik, die er auf seinem ländlichen Wohnsitz genießt, einem Vierseitenhof, den er mit Verwandten bewohnt, Wiese, See und Wald gleich vorm Haus. Kater „Tiescher“ („Tiger“ auf gut Sächsisch) gehört dazu. Den zeigt er fix auf dem Handy, um unvermittelt wieder aufs Geschäft zu kommen. Den Erfolg, der ihn in viele Länder führt. Auch nach Asien. Da hat er Geschäftsbeziehungen, leitet Workshops und nimmt technische Entwicklungen auf, die in die Zukunft führen. Erinnert sich an seine Anfänge. In Dresden geboren, stamme er aus einer Kürsch-nerfamilie. Sei „schon zu DDR-Zeiten ein bunter Hund gewesen“. Der sich unter anderem mit Fahnenstoff seine Schlagjeans selbst genäht habe, genervt von der modischen Eintönigkeit.
Das Leben als Geschäftsmann startete er irgendwie folgerichtig mit dem Verkauf von Pelzmützen. „In einem Lädchen von 15 Quadratmetern.“ Er handelte mit Webpelzen und Abendmode, die Flächen wuchsen. Den gewaltigen Sprung zum heutigen Mega-Laden hat er vor rund sechs Jahren gewagt. Erfolgreich. Was Auftrieb gibt für weitere Pläne. Ein Buch vielleicht „mit Geschichten aus dem wahren Leben, wie sie im Laden tagtäglich zu hören sind“. Doch für die allernächste Zeit stehen erst einmal wieder Dreharbeiten für weitere Folgen „Zwischen Tüll und Tränen“ auf dem Programm. (mz)