Beschluss Ex-AfD-Politiker Oskar Helmerich wechselt in die SPD-Fraktion im Erfurter Stadtrat

Erfurt - Der frühere AfD-Politiker Oskar Helmerich wechselt in die SPD-Fraktion im Erfurter Stadtrat - ohne Mitglied der Partei zu sein. Nach einer streitbaren Diskussion hätten die Abgeordneten für eine Aufnahme gestimmt, sagte Fraktionschef Frank Warnecke am Dienstag in Erfurt.
„Es gab acht Ja- und vier Nein-Stimmen.“ Helmerich soll bereits bei der Sitzung des Stadtrats an diesem Mittwoch in den Reihen der Sozialdemokraten Platz nehmen. Der Erfurter Rechtsanwalt sitzt als fraktionsloser Abgeordneter auch im Landtag. Dort war er über die AfD eingezogen.
Ein Wechsel in die SPD-Fraktion im Landtag steht vorerst allerdings nicht an. „Über eine solche Möglichkeit würde ich mich offen zeigen“, erklärte Helmerich bei einer Pressekonferenz mit Warnecke. Das müsse aber von beiden Seiten gewollt werden.
Offen ließ Helmerich auch einen Eintritt in die SPD: „Darüber wurde konkret nicht gesprochen. Es geht jetzt um eine Mitarbeit im Stadtrat. Das ist ein guter Anfang.“ Er wolle nun die weitere Entwicklung abwarten. „Man soll den Dingen aber nicht jetzt schon vorgreifen.“
Eine Aufnahme in die Landtagsfraktion stehe nicht an, erklärte Fraktionschef Matthias Hey. Darüber müssten die Mitglieder der Fraktion entscheiden. Dem Vernehmen nach gibt es aber Vorbehalte gegen einen solchen Schritt. Ähnlich sei es auch in der Fraktion im Stadtrat gewesen, räumte Warnecke ein. „Wichtig ist doch, welche Person er heute ist und wofür er steht.“ Er habe es nach der Wende auch für falsch gehalten, ehemalige SED-Mitglieder nicht in die SPD aufzunehmen, erklärte der Fraktionschef.
Auf die Mehrheiten im Erfurter Stadtrat hat der Wechsel allerdings keinen Einfluss. SPD, Linke und Grüne kooperierten bereits seit 2009, begründete Warnecke. „Im Stadtrat ticken die Uhren anders.“ So würden die Fraktionen nicht so geschlossen abstimmen wie im Landtag. Wie sich Helmerich künftig im Landesparlament verhalten will, ließ er offen. Die Gebietsreform - ein Herzensanliegen der SPD - begrüße er. Die politischen Gespräche mit den Landtagsabgeordneten der Sozialdemokraten seien „eine Wohltat“, unterstrich Helmerich.
Die Nachwuchsorganisation der SPD in Thüringen, die Jusos, kritisierten die Entscheidung: „Jemanden in eine Fraktion der SPD aufzunehmen, der bis 2015 noch für eine national-chauvinistische Partei wie die AfD in einem Landes- und einem Kommunalparlament saß, überschreitet für uns eine rote Linie“, sagte die Landesvorsitzende Saskia Scheler. Das sei nicht nur eine Angelegenheit der Erfurter Stadtratsfraktion, sondern der Landespartei. Die SPD müsse sich darüber verständigen, wie sie mit ehemaligen Funktionären der AfD umgehe, forderte Scheler.
Der SPD-Landesgeschäftsführer Michael Klostermann erinnerte daran, dass sich Helmerich früh vom Radikalisierungskurs der AfD distanziert habe und aus der Partei ausgetreten sei. Ähnlich hatte zuvor SPD-Landeschef Andreas Bausewein im MDR argumentiert. Er könne sich eine Mitgliedschaft Helmerichs in seiner Partei vorstellen. Wenn Helmerich sich mit den Grundwerten der Sozialdemokratie und dem Grundsatzprogramm weitgehend identifiziere, spreche nichts gegen eine Aufnahme, erklärte Klostermann. Darüber müsse aber der Ortsverein entscheiden, in dem ein Antrag gestellt werde.
Zuletzt war Siegfried Gentele, ein anderes früheres AfD-Mitglied, in die Familienpartei gewechselt. Sie ist damit indirekt im Landtag vertreten. Gentele saß dort als fraktionsloser Abgeordneter. Gentele war ebenso wie Helmerich und Jens Krume im vergangenen Jahr wegen Streitigkeiten mit Fraktionschef Björn Höcke aus der AfD ausgetreten. Krumpe sagte am Dienstag: „Ich habe nicht vor, mich Hals über Kopf einer Partei anzuschließen oder sich anzubiedern.“ Als fraktionsloser Abgeordneter könne auch ohne Fraktion gut für seine Themen wie die Modernisierung der Verwaltung eintreten. (dpa)