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Europäische Union Europäische Union: Thüringer wollen EU-Schutz für ihre Klöße

Von Denni Klein 29.12.2006, 17:42
Echte Thüringer Klöße zeigen der Burgwirt Janos und seine Küchenfee Moni auf der Leuchtenburg bei Kahla. (Foto: dpa)
Echte Thüringer Klöße zeigen der Burgwirt Janos und seine Küchenfee Moni auf der Leuchtenburg bei Kahla. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Heichelheim/dpa. - Der Antrag für die Aufnahme auf dieSchutzliste der EU liegt in Brüssel, aber noch köchelt in München vor Gericht ein saftiger Patentstreit. Bei Erfolg dürfte - wie schon beider Bratwurst - auch kein Kloß mehr als «Thüringer Art» bezeichnetwerden. Das wollen Firmen aus Bayern und Sachsen gemeinsamverhindern.

Die Thüringer Kartoffelerzeuger dagegen treiben den Schutz ihrerKloßtradition voran. «Wir wollen damit den Kartoffelanbau imFreistaat stärken und die Klöße besser vermarkten. Unser Vorbild istdie Thüringer Bratwurst», sagt der Geschäftsführer ABLIG FeinfrostGmbH, Fritjof Hahn, der in dem Verfahren federführend ist. Zumindestideelle Unterstützung bekommt er dabei aus demLandwirtschaftsministerium. «Die Beispiele vom AltenburgerZiegenkäse, der Greußener Salami und der Bratwurst zeigen, dass einEU-weiter Schutz der Produkte ein Standortfaktor ist», erläutertSprecherin Katrin Trommer-Huckauf.

Basis für den Schutz der Spezialität in der Europäischen Union istein Patent im Herkunftsland. Die Entscheidung für den Kloß muss dasBundespatentgericht in München treffen, da die Firmen Henglein undBurgi's aus Bayern und Werner's aus Sachsen beim PatentamtWiderspruch einlegten. «Was ist an Kartoffeln aus Sachsen oder Bayernschlechter als an Thüringern», kritisiert Henglein-GeschäftsführerEckhard Voth. «Der Kloß hat auch kein typisches Merkmal. Es sind ebenüberwiegend rohe Kartoffeln, und das ist Thüringer Art.» Sollte derSchutz dennoch kommen, werde Henglein sein Produkt grüner oder roherKloß nennen. Die Bayern rechnen jedoch mit einem Scheitern desVerfahrens.

Inhalt des Antrages der Thüringer ist ein Mischverhältnis vongekochten und rohen Kartoffeln von einem zu zwei Dritteln und einAnteil einheimischer Kartoffeln von mindestens 51 Prozent. «Das warbereits ein Kompromiss, dem die Kloßteig-Produzenten andererBundesländer schon zugestimmt hatten», sagt Hahn. «Der war schwererrungen. Denn schon innerhalb von Thüringen gibt es mehr Kloßrezepteals Großmütter. Gemeinsam ist aber die Thüringer Kartoffel.»

Laut EU-Vorschrift kann der Ursprung regionaler Marken geschütztwerden oder deren geographische Bezeichnung. Mit dem Schutz werdekenntlich gemacht, dass ein Zusammenhang zwischen der Qualität, demRenommee oder den Besonderheiten des Erzeugnisses und seinemgeographischen Ursprung bestehe, heißt es in der Brüssler Verordnung.Danach darf ein geschütztes Produkt entweder nur an einem Ort odernur nach bestimmten Kriterien hergestellt werden.

«Viele Produkte rühmen sich mit "Thüringer Art", haben aber mitdem Original nichts zu tun. Das macht uns das Leben ziemlich schwer»,erklärt Hahn. «Wer einmal vergleicht, schmeckt den wahren ThüringerKloß heraus», schwärmt Dietmar Barthel vom Förderverein«Heichelheimer Kartoffel». Vielen vermeintlichen Thüringer Klößenwerde dagegen Grieß, Milch oder sogar Mehl zugeführt.

Heichelheim im Weimarer Land gehört zu den wenigen nochverbliebenen Kartoffelanbaugebieten im Land und ist Kloßhochburg.Wurden 1989 auf 50 000 Hektar Kartoffeln geerntet, waren es 2006 noch2300 Hektar. Wegen des trockenen Bodens habe die Kartoffel besondersviel Stärke und sei intensiv gelb, erklärt der Chef der KloßfabrikAblig. «Das macht das besondere am Original-Kloß aus.» Das wohlälteste Rezept dafür stammt nach Angaben von Deutschlands einzigemKloßmuseum in Heichelheim aus der Zeit zwischen 1808 und 1814.

Auf diese Tradition beruft sich Hahn. Nach seiner Einschätzungkann sich das Urteil des Gerichts bis zu zwei Jahre hinziehen. Dasgeht ins Geld. Bereits jetzt sind mehrere tausend Euro für Anwälteund Verfahren geflossen. «Aber das lohnt sich», ist Hahn überzeugt.«Denn spätestens 2008 wird unser Thüringer Kloß ein europäischesOriginal sein.»