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Energieversorgung Energieversorgung: Sauerstoff-Kur für die Braunkohle setzt kein CO2 frei

Von Peter Jähnel 28.12.2005, 09:59
Autos fahren am Braunkohlekraftwerk Niederaußem in Nordrhein-Westfalen vorbei, das zur RWE AG gehört. (Foto: dpa)
Autos fahren am Braunkohlekraftwerk Niederaußem in Nordrhein-Westfalen vorbei, das zur RWE AG gehört. (Foto: dpa) dpa

Cottbus/dpa. - Sie soll für 40 Millionen Euro auf dem Gelände des Kraftwerkes Schwarze Pumpe in Spremberg an der Landesgrenze von Brandenburg und Sachsen errichtet werden und 2008 in Betrieb gehen.

«Mit dieser Zukunftstechnologie stellt sich Vattenfall an dieSpitze bei der Erforschung von neuen Technologien zurBraunkohleverstromung», sagt Kurt Häge, scheidender Vorstandssprecher der Geschäftseinheit Mining and Generation (Bergbau und Stromerzeugung). Mit dem nächsten Schritt einer großtechnischen Demonstrationsanlage könne diese Technologie bis etwa 2020 zur kommerziellen Nutzung geführt werden.

Im Kyoto-Protokoll von 1997 hatten sich die Industrieländergeeinigt, den Ausstoß der Treibhausgase deutlich zu verringern. Für Deutschland geht es zwischen 1990 und 2012 um 21 Prozent weniger CO2. Dieses Ziel sei mit derzeit 18,8 Prozent schon fast erreicht, berichtete der neue Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) Anfang Dezember bei der Weltklimakonferenz im kanadischen Montréal.

Einen wichtigen Beitrag dafür leistete die milliardenschwereModernisierung der ostdeutschen Kraftwerke. Dennoch pusten allein die drei Lausitzer Kraftwerke von Vattenfall Europe in Jänschwalde, Schwarze Pumpe und Boxberg nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace jährlich 51 Millionen Tonnen CO2 in die Luft. Weitere 85 Millionen Tonnen kommen durch die Kraftwerke des Energiekonzerns RWE zwischen Aachen, Düsseldorf und Köln hinzu. Die Umweltaktivisten befürchten, dass durch ein CO2-freies Kraftwerk die von ihnen immer wieder kritisierte Verbrennung von fossiler Braunkohle salonfähig wird.

Kohlendioxid ist ein Bestandteil der Luft. Es entsteht etwa beimVerbrennen von Braunkohle in Kraftwerken. «Das ist auch bei dergeplanten Pilotanlage nicht anders», erläutert Jürgen Krautz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU). «Insofern bedeutet der Begriff CO2-freies Kraftwerk, dass Kohlendioxid aus dem Verbrennungsprozess herausgelöst und nicht in die Atmosphäre abgegeben wird.» Es könne in flüssiger Form in unterirdischen Erd- oder Gesteinsschichten oder in den Tiefen der Ozeane gelagert werden. Forschungen am europaweit ersten Projekt laufen derzeit am Untergrund-Gasspeicher in Ketzin im Havelland westlich von Berlin.

Wissenschaftler der BTU Cottbus arbeiten seit einiger Zeit unterLeitung von Professor Krautz an der Vorerprobung der Technologie zum Abtrennen des CO2. Erste Versuche in einer Testanlage des 3000-Megawatt-Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde bei Cottbus seien erfolgreich verlaufen. «Die 30-Megawatt-Pilotanlage in Schwarze Pumpe arbeitet nach dem so genannten Oxyfuel-Verfahren, bei dem die stark getrocknete Braunkohle mit reinem Sauerstoff und Rauchgas statt mit Luft verbrannt wird», beschreibt Krautz das Prinzip.

Diese Verbrennungsvariante sei im Gegensatz zu den beiden anderen untersuchten Verfahren der doppelten Rauchgaswäsche und der Synthesegaswäsche tausendfach erprobt, meint der Wissenschaftler. Außerdem werde bei der Oxyfuel-Technologie der Wirkungsgrad weniger gemindert. Er beträgt bei den neuen Braunkohlekraftwerken bis 43 Prozent, während es bei den Altkraftwerken nur etwa 30 Prozent sind.

Eines haben aber alle drei Verfahren gemeinsam: Sie sind sehrteuer. Wenn also nach 2020 vielleicht das erste CO2-freie Kraftwerk ans Netz gehen sollte, wird der große Investitionsaufwand für diese innovative Technologie wahrscheinlich die Strompreise weiter in die Höhe treiben.