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Elektrokonzern Elektrokonzern: Siemens streicht weltweit fast 17 000 Stellen

08.07.2008, 12:58

München/dpa. - Siemens setzt radikal den Rotstift an: DerElektrokonzern will weltweit fast 17 000 Arbeitsplätze streichen,5250 sollen in Deutschland wegfallen. In Vertrieb und Verwaltungsollen die Kosten um 1,2 Milliarden Euro gesenkt werden, dort sollenbis 2010 rund 12 600 Stellen abgebaut werden. Die übrigen 4150 derinsgesamt 16 750 betroffenen Stellen fielen im Zuge des Umbaus vonGeschäftsbereichen weg, kündigte der Vorstand am Dienstag in Münchenan. In Deutschland seien besonders die größten Siemens-StandorteErlangen, München, Nürnberg und Berlin betroffen. In Erlangen undNürnberg reagierten Gewerkschafter, Betriebsräte undKommunalpolitiker mit Empörung und Unverständnis. Der Nürnberger IGMetall-Sekretär Rudi Lutz sagte: «Es herrscht sehr viel Frust.»

Konzernchef Peter Löscher verteidigte die Stellenkürzungspläne:«Die Geschwindigkeit, mit der sich das Geschäft weltweit verändert,hat erheblich zugenommen, wir stellen Siemens darauf ein.» Erbetonte: «Wir müssen jetzt handeln und unsere Kosten verringern,damit wir uns dann, wenn der Kampf um die Kunden härter wird, volldarauf konzentrieren können.»

Wie sich die Pläne auf die betroffenen Standorte im einzelnenauswirkten, sei Gegenstand der weiteren Beratungen mit denArbeitnehmervertretern, sagte Siemens-Personalvorstand SiegfriedRusswurm. Die Verhandlungen sollten nun rasch aufgenommen werden, umden Stellenabbau «so sozialverträglich wie möglich zu gestalten».Aber auch betriebsbedingte Kündigungen schloss er nicht aus. Diesekönnten aber nur «das allerletzte Mittel sein», erklärte Russwurm.Man werde «das gesamte uns zur Verfügung stehende Instrumentarium wiebeispielsweise Transfergesellschaften oder auchAltersteilzeitregelungen durchsprechen».

Der Siemens-Konzern beschäftigt weltweit etwa 420 000 Mitarbeiter,davon rund 130 000 in Deutschland. Zuletzt war von einem Wegfall vonweltweit mehr als 17 000 Stellen die Rede, davon 6450 in Deutschland.Parallel zum angekündigten Stellenabbau sei auch der Verkauf derDienstleistungstochter SIMS geplant, erklärte einUnternehmenssprecher. Die Segment Industrie Montage Services (SIMS)gehöre nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens, die Einheitbeschäftige 1200 Mitarbeiter an 35 Standorten in Deutschland.

Vom Stellenabbau sind alle drei der großen Sektoren des Konzernsbetroffen, also die Energiesparte, die Medizintechnik und derIndustriesektor. Alleine im Industriesektor sollen weltweit insgesamt6350 Arbeitsplätze wegfallen, davon 3950 Jobs in verwaltungsnahenFunktionen und weitere 2400 durch weitere Restrukturierungen. ImFokus steht dabei die Verkehrstechnik, die vor allem unter denProblemen mit der fehlkonstruierten Straßenbahn Combino leidet.

Arbeitnehmervertreter haben ihren Widerstand gegen denStellenabbau angekündigt und notfalls auch mit Streik gedroht. SeitMontag berieten Vertreter der Unternehmensleitung mit demGesamtbetriebsrat im Wirtschaftsausschuss über die Pläne. «Wir stehenmit den Arbeitnehmervertretern in einem intensiven und offenenDialog», sagte Löscher dazu. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich,dass am Ende eine gemeinsame Lösung mit den Arbeitnehmervertreterngefunden werde. Anspruch der Pläne sei «schlanke Verwaltungen ineinem wachsenden Unternehmen», erklärte Löscher.

Empört und enttäuscht reagierten Arbeitnehmervertreter undKommunalpolitiker an den großen Siemens-Standorten in Erlangen undNürnberg auf den angekündigten Stellenabbau. «Das ist inakzeptabelfür ein Unternehmen mit Milliardenergebnissen und überfülltenAuftragsbüchern», sagte der Erlanger IG-Metall-Chef Wolfgang Niclasder Deutschen Presse-Agentur dpa. Erlangens WirtschaftsreferentKonrad Beugel (CSU) äußerte sich ebenfalls besorgt. Diestellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Sektors Medizintechnikin Erlangen, Christa Gerdes, sprach von großer Verunsicherung unterden Beschäftigten. Die Sparte habe volle Auftragsbücher und erreichedie Ergebnisziele. «Wir können es nicht verstehen», sagte Gerdes.Siemens beschäftigt in Erlangen mehr als 22 000 Menschen, in Nürnbergmehr als 9000.