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Eigene Weiden sind verdorrt Eigene Weiden sind verdorrt: Sächsischer Bauer bringt Tiere nach Thüringen

Von Kristin Kruthaup 20.07.2018, 08:26
Bei Landwirt Matthias Böbel sind die weiden komplett vertrocknet. Seine Kühe bringt er jetzt weg, bis es endlich wieder regnet.
Bei Landwirt Matthias Böbel sind die weiden komplett vertrocknet. Seine Kühe bringt er jetzt weg, bis es endlich wieder regnet. ZB

Wildenhain - Suche Pensionsweide für unser Vieh: So ähnlich lautete die Anzeige des Wildenhainer Landwirts und Unternehmers Matthias Böbel (62) im Newsletter des Thüringer Bauernverbands. Nach Monaten mit kaum Regen waren seine Weiden und Wiesen in der Nähe von Leipzig weitestgehend vertrocknet.

„Ich hatte einfach nicht mehr genug Futter für alle Tiere“, sagt er. Deshalb kam Böbel auf die Idee, seine Tiere gegen Bezahlung zu einem Landwirt in Thüringen in Pension zu schicken. Denn im benachbarten Bundesland hatte es mitunter mehr geregnet, die Weiden waren zum Teil grün.

Böbel ist Geschäftsführer der Wildenhainer Agrar GmbH in Sachsen. Er betreibt Ackerbau, hat Legehennen und eine Rinderherde mit etwa 160 Mütterkühen. Mit dem Nachwuchs kommt er auf rund 400 Tiere. Es sei ein Betrieb „mittlerer Größe“, sagt Böbel.

Im Juni und im Juli sind auf seinen Feldern sechs Millimeter Wasser gefallen - das ist fast nichts. „Ich bin seit 1982 Landwirt“, sagt er. „Es gab immer Dürrejahre, aber an so etwas kann ich mich nicht erinnern.“

In weiten Teilen Mitteldeutschlands ist es viel zu trocken

In Sachsen ist es vielerorts seit Monaten extrem trocken. Dem Deutschen Wetterdienst in Leipzig zufolge sind in weiten Teilen in den ersten sechs Monaten 2018 zwischen 120 bis 200 Millimeter Regen gefallen. Zum Vergleich: Sonst sind etwa in Dresden allein im Juni im Schnitt der vergangenen Jahre um die 50 Millimeter Wasser gefallen. Bei Böbel in Wildenhain fiel noch nicht mal das.

Die Folgen für die Bauern sind zum Teil dramatisch. Bei Gerste und Weizen lägen die Ertragseinbußen zum Teil bei über 50 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen Jahre, sagt Manfred Uhlemann, Geschäftsführer des Sächsischen Landesbauernverbands. Hinzu käme bei so manchem ein drohender Futterengpass. Wiesen und Weiden konnten nur im Mai mit Ertrag geschnitten werden, erklärt er. Die Futterreserven der Landwirte reichten mitunter nicht aus.

Die Landesregierung hat wegen der Not der Bauern bereits Ende Juni Maßnahmen ergriffen: Beispielsweise erlaubte sie Landwirten, ökologische Brachflächen auf Antrag zur Futtergewinnung und zur Beweidung von Tieren zu nutzen. Weiter sagte sie Zuschüsse zu, wenn Landwirte wegen der Dürre in Existenznot geraten.

„Die Maßnahmen sind geboten, denn seit Anfang April sind Niederschläge außergewöhnlich lange ganz ausgeblieben“, sagte Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) damals.

Trotz Hilfe reicht das Tierfutter nicht

Böbel ist mit diesen Maßnahmen zufrieden. „Wenn wir die Zuschüsse kriegen, hilft das schon“, sagt er. Trotzdem kam er mit seinem Futter nicht hin. Er überlegte deshalb zunächst, seinen Tierbestand zu verringern. Doch aus der Not heraus wollte er die Herde nicht verkaufen. Und so kam er auf die Idee, das Vieh „in Pension“ zu geben, wie er sagt.

Böbel ist dem Thüringer Bauernverband zufolge nicht der einzige Landwirt, der diese Überlegung gemacht hat. „Wir hatten schon mehrere ähnliche Anfragen“, sagt die Sprecherin des thüringischen Bauernverbands, Katja Förster. Uhlemann vom sächsischen Bauernverband schätzt, dass etwa ein Drittel der sächsischen Landwirte mit Rindern Futternot hat.

In Böbels Fall löste sich die Sache. Ein Landwirt aus Königsee in Thüringen meldete sich auf den Newsletter. Vor ein paar Tagen ließ Böbel nun 100 seiner Tiere dorthin transportieren. Bis zum Herbst sollen sie bleiben.

Billig ist die Fernunterbringung für Böbel zwar nicht, aber angesichts aller Optionen in seinen Augen die beste Lösung. Für die Tiere daheim in Sachsen wünscht er sich vor allem eins: „Regen!“. (dpa)