Sachsen-Anhalts Blockade war nicht erlaubt Verfassungsgericht hebt Rundfunkbeitrag vorläufig auf 18,36 Euro an
Es geht um 86 Cent: Sachsen-Anhalt hat die geplante Anhebung des Rundfunkbeitrags zum Jahreswechsel blockiert. Das geht so nicht, sagt das Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung hat Folgen für die Verbraucher.
Karlsruhe/dpa - Das Bundesverfassungsgericht hat die von Sachsen-Anhalt blockierte Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorläufig in Kraft gesetzt. Das Bundesland habe die im Grundgesetz gesicherte Rundfunkfreiheit verletzt, weil es dem vereinbarten Staatsvertrag nicht zugestimmt habe, entschied das Karlsruher Gericht nach Angaben vom Donnerstag.
Bis es eine Neuregelung gibt, gilt nach Beschluss des Verfassungsgericht Artikel 1 der ursprünglichen Regelung rückwirkend seit 20. Juli. Der Rundfunkbeitrag steigt damit um monatlich 86 Cent auf 18,36 Euro. (Az. 1 BvR 2756/20 u.a.)
Für öffentlich-rechtliche Sender ist der Rundfunkbeitrag die Haupteinnahmequelle. Seit 2013 wird er je Wohnung erhoben und betrug zuletzt 17,50 Euro pro Monat. Zum Jahreswechsel hatte er auf 18,36 Euro steigen sollen. Den Bedarf ermittelt hat die unabhängige Kommission KEF. Es wäre die erste Erhöhung seit 2009 gewesen.
Sachsen-Anhalt hatte geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrages durch Nicht-Abstimmung blockiert
So sollte eine Finanzlücke von 1,5 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024 ausgeglichen werden. Damit der ausgehandelte Staatsvertrag in Kraft treten kann, fehlt allerdings die Zustimmung Sachsen-Anhalts.
Der Ministerpräsident des Landes, Reiner Haseloff von der CDU, hatte den Gesetzentwurf am 8. Dezember vor der Abstimmung im Landtag zurückgezogen, weil sich abzeichnete, dass seine Partei - anders als die Koalitionspartner SPD und Grüne - die Erhöhung nicht mittragen würden. Und mit der AfD, die als Kritikerin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekannt ist, wollte der Regierungschef keine gemeinsame Sache machen. Weil aber alle 16 Landesparlamente zustimmen müssen, ist die Erhöhung somit blockiert.
Verfassungsgericht betont Bedeutung des öffentlichen Rundfunks und seiner Finanzierung
In Zeiten „vermehrten komplexen Informationsaufkommens einerseits und von einseitigen Darstellungen, Filterblasen, Fake News, Deep Fakes andererseits“ wachse die Bedeutung des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, entschied der Erste Senat mit dem nun veröffentlichten Beschluss vom 20. Juli. Die Sender sollten die Wirklichkeit durch „authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten“ unverzerrt darstellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund rücken.
Der Gesetzgeber sei verantwortlich, dass auch die finanziellen Voraussetzungen für die Aufgaben gegeben sind. „Erfüllt ein Land seine Mitgewährleistungspflicht nicht und wird dadurch die Erfüllung des grundrechtlichen Finanzierungsanspruchs unmöglich, liegt bereits darin eine Verletzung der Rundfunkfreiheit.“
Gericht ordnet neuen Staatsvertrag zum Rundfunkbeitrag an
Das Bundesverfassungsgericht kann bestimmen, wer seine Entscheidungen vollstreckt. Es kann nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.
Die Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio hatten sich in ihrer Rundfunkfreiheit verletzt gesehen und in Karlsruhe geklagt. Die obersten Verfassungsrichter Deutschlands wiesen Eilanträge kurz vor Weihnachten ab, weil diese nicht gut genug begründet worden seien. Ihre Verfassungsbeschwerden seien auch „weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet“, so das Gericht damals. Allerdings sah es keinen Anlass, sofort einzugreifen.