Tag der Arbeit Friedlicher 1. Mai in Berlin - Gewalt in Stuttgart
Die Anspannung vor den traditionellen Demonstrationen am 1. Mai war diesmal wegen des Nahost-Konflikts groß. In Berlin blieben jedoch folgenschwere Zwischenfälle aus. Anders lief es in Stuttgart.
Berlin/Stuttgart - Bei Demonstrationen zum 1. Mai ist es in der Hauptstadt Berlin weitgehend ruhig geblieben, während die Polizei in Stuttgart bei den dortigen Protesten von Ausschreitungen und Verletzten berichtete.
Die Berliner Polizei spricht nach dem Großeinsatz von einem friedlichen Verlauf. Bei der „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“ und etwa 20 weiteren Demonstrationen habe es nur vereinzelt Störungen und Festnahmen gegeben, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik im RBB-Fernsehen.
Slowik verweist auf die Bedeutung auch starker Polizeikräfte. „Eine deutliche Präsenz lässt schon manches im Keim ersticken“, sagte sie am Morgen dem Sender RBB24 Inforadio. Zur Absicherung der Demonstrationen setzte die Berliner Polizei rund 6200 Beamte ein, darunter 2400 Kräfte aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei.
Die Lage werde immer wieder neu beurteilt mit einer sogenannten Gefährdungsbewertung, so Slowik. „Wir wissen jetzt nicht, was sich in den Monaten vor dem 1. Mai 2025 entwickelt, welche weltpolitische Lage, welche Situation vielleicht auch in Deutschland.“ Auf der Grundlage würden dann Kräfte geplant. Was dabei nicht klar beleuchtet werden könne, sei, was durch eine deutliche Präsenz der Polizei bereits unterbunden werde.
Bei einer ähnlichen Demonstration in Stuttgart sei es hingegen zu Gewalt und einer Reihe Verletzter gekommen. Der Protestzug wurde schließlich aufgelöst. Nach Angaben der Polizei wurden Einsatzkräfte unvermittelt mit Pfefferspray, Dachlatten mit Schrauben, anderen Schlagwerkzeugen, Schlägen und Tritten attackiert. 25 Einsatzkräfte und drei Polizeipferde seien verletzt worden, teilte die Polizei am Mittwochabend mit.
Partystimmung in Berlin bei sommerlichen Temperaturen
In der Hauptstadt herrschte angesichts des warmen Wetters vielerorts Partystimmung. Zwar war das übliche Straßenfest Myfest auch in diesem Jahr abgesagt worden, dennoch feierten im Stadtteil Kreuzberg tagsüber Zehntausende bei warmem Wetter und strahlendem Sonnenschein auf Straßen und Plätzen. Die Polizei spricht von einer „friedlichen und ausgelassenen Stimmung“.
Am Abend waren Tausende Menschen bei der traditionellen „Revolutionären 1. Mai Demonstration“ durch Kreuzberg und Neukölln gezogen. Zuvor befürchtete Zwischenfälle oder Gewaltausbrüche angesichts der aufgeladenen Stimmung im Nahost-Konflikt blieben aus. Nach Schätzung der Polizei nahmen knapp 12.000 Menschen an der Demo teil. Die Veranstalter - linke und linksautonome Gruppen - sprachen von 25.000 bis 30.000 Demonstranten. Begleitet wurde die Demo von einem Großaufgebot Tausender Polizisten.
Bei der Demo sei diesmal kein großer schwarzer Block zu erkennen gewesen, bilanzierte Polizeipräsidentin Slowik. Dafür seien vor dem Hintergrund der Konfliktlage im Nahen Osten viele propalästinensische Demonstranten auf der Straße gewesen. „Das dominante Thema war die Palästina-Frage“, sagte sie. Die Polizei sei in drei Fällen schnell eingeschritten, in denen antisemitischer Hass geäußert worden sei. Es habe einige wenige vorübergehende Festnahmen gegeben, hieß es in einem Post der Polizei auf der Online-Plattform X. Ein Polizist sei leicht verletzt worden.
Vor der Demo Steindepots entdeckt
Nach Hinweisen von Anwohnern hatte die Polizei vor Beginn des Aufzuges am Nachmittag auf Hausdächern und am Boden entlang der geplanten Demonstrationsroute Depots mit Steinen und Dachziegeln entdeckt und sichergestellt. Möglicherweise sollten damit Beamte beworfen werden, vermutet die Polizei - sicher war dies aber nicht.
Demonstrierende in Stuttgart widersprechen Polizei
In Stuttgart kam von den Veranstaltern der Demonstration mit rund 450 Teilnehmern Kritik an der Polizei, die von mehreren Angriffen auf Beamte gesprochen hatte. Kim Northeim, Sprecherin des Bündnisses zur „Revolutionären 1. Mai Demonstration“, sagte am späten Mittwochabend laut Mitteilung: „Die Behauptungen der Polizei entbehren jeglicher Grundlage und dienen einzig dem Zweck, im Nachhinein eine Rechtfertigung für den gewaltsamen Angriff auf die Demonstration zu konstruieren.“ Wenn Einsatzkräfte durch Pfefferspray verletzt worden seien, dann durch den massiven Einsatz von Reizgas aus den eigenen Reihen.
Die Polizei schilderte, die Einsatzkräfte hätten die gewaltvolle Personengruppe der Demo schließlich umschlossen. Die anderen Versammlungsteilnehmer hätten sich dann solidarisiert und die Polizisten bedrängt. Weiter hieß es in der Polizeimitteilung: „Da sich die Versammlungsleitung und die Teilnehmer völlig unkooperativ zeigten, wurde die Versammlung durch die Versammlungsbehörde aufgelöst.“
Wie viele Demonstrationsteilnehmer verletzt wurden, sei noch nicht bekannt. Die Sprecherin des Bündnisses sagte, bisher wisse man von „95 Verletzten durch Angriffe der Polizei“. Nach Polizeiangaben wurden 167 Personen vorläufig festgenommen. Gegen sie wurden Strafverfahren eingeleitet.