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Internet Sicherheitsexperten besprechen Folgen von Cyberangriffen

Cyberangriffe aus dem Ausland, Desinformationskampagnen - hybride Bedrohungen haben viele Gesichter. Bei einer Konferenz beraten Sicherheitsbehörden über die wachsende Bedrohungslage in Deutschland.

Von dpa Aktualisiert: 19.06.2024, 15:01
Ein Experte sieht Staat, Unternehmen und Bürger schlecht geschützt vor Cyberattacken.
Ein Experte sieht Staat, Unternehmen und Bürger schlecht geschützt vor Cyberattacken. Sina Schuldt/dpa

Potsdam - Die Spitzen deutscher Sicherheitsbehörden beraten heute über Cyberangriffe und Bedrohungslagen durch Desinformationskampagnen fremder Staaten. Bei der 10. Potsdamer Konferenz für Nationale Cybersicherheit am Hasso-Plattner-Institut kommen sie mit Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Erwartet werden unter anderem führende Vertreter des Bundeskriminalamts, des Verfassungsschutzes und des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt vor wachsenden Gefahren durch eine hybride Kriegsführung Russlands. Dazu gehören unter anderem Cyberangriffe und Einflussnahmeversuche etwa durch Desinformation und Fake-News. Ein Beispiel: Durch die sozialen Medien geisterten etwa gefälschte Zitate, in denen sich Stars angeblich zur Ukraine äußerten. Aber auch SPD und CDU waren in den Fokus russischer Cyberattacken geraten. Zudem warnen Sicherheitsexperten vor gezielten Cyberattacken vor den Olympischen Spielen in Paris.

Sicherheitsbehörden wegen Zunahme von Cyberangriffen durch KI besorgt

Sicherheitsbehörden zeigen sich angesichts des wachsenden Einflusses von Künstlicher Intelligenz (KI) auf Cyberangriffe und Desinformationskampagnen besorgt. „KI kann noch mal einen Anstieg an Cyberkriminalität hervorrufen“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch bei der Konferenz in Potsdam. „ChatGPT gibt es auch auf der dunklen Seite der Macht.“ 

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), bezeichnet die Bedrohungslage im Cyberraum als besorgniserregend. BSI-Präsidentin Claudia Plattner sagte, generative KI senke die Einstiegshürden für Cyberangriffe und erhöhe auch den Umfang und Geschwindigkeiten von Cyberattacken. Auch mit Blick auf bevorstehende Wahlen drohten Desinformationskampagnen, warnte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen. Die Sicherheitsbehörden müssten sich darauf einstellen, dass der Einsatz von KI wichtiger werde. 

Der Cybersicherheits-Experte vom HPI, Christian Dörr, sieht die Gefahr, dass KI wie ein „Brandbeschleuniger“ eine Spaltung und Radikalisierung der Gesellschaft noch verstärken könne. Denn mittels Künstlicher Intelligenz und bestimmter Algorithmen in sozialen Medien könne die Meinungsbildung von Menschen gezielter als früher gesteuert werden.

Gezielte Störung von GPS-Satellitennavigation

Staatlich unterstützte Angriffe zeichneten sich in der Regel durch hohe Professionalität und umfangreiche Ressourcen der Angreifer aus, was es schwierig mache, diese abzuwehren, sagte Dörr, der Gastgeber der zweitägigen Konferenz ist. Staat, Unternehmen und Bürger sieht er insgesamt zu schlecht geschützt vor Cyberattacken.

Sicherheitsexperten zeigen sich auch besorgt, weil im Ostseeraum immer wieder gezielt die GPS-Satellitennavigation gestört wird. „Die Störung von GPS, die gerade insbesondere im Baltikum und in der Ukraine stattfindet, ist nicht neu. Die Fachwelt kennt seit Jahrzehnten diese Angriffsmöglichkeiten“, sagte Dörr. Das GPS-Signal wird von Flugzeugen etwa zur Bestimmung der eigenen Position und zur Navigation verwendet.

Verfassungsschutz: Bandbreite von Angriffen steigt

Sorgen macht dem deutschen Nachrichtendienst auch eine wachsende Gefahr durch Spionage-Aktivitäten, die auch von privaten Akteuren im Auftrag von Staaten ausgeführt werden. „Wir erleben eine Industrialisierung, eine Privatisierung der Spionage in einem hohen Ausmaß“, sagte Verfassungsschützer Selen. Es seien unter anderem sogenannte patriotische Hacker unterwegs. Die operative Bandbreite und auch die Kreativität von Angriffen steige deutlich. 

Verfassungsschützer Selen sagte, er habe auch den Einruck, dass die Zeitenwende noch nicht überall angekommen sei, auch wenn das Bewusstsein für Cybergefahren etwa in großen Unternehmen gewachsen sei. Aber es seien gerade bei kritischer Infrastruktur noch zu viele Daten offen im Netz verfügbar. 

Vor allem seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine steigen Bedrohungen auch in Deutschland durch eine hybride Kriegsführung. Dazu gehören Cyberangriffe, aber auch Einflussnahmeversuche durch Desinformation und Fake-News. 

Ein Beispiel: Durch die sozialen Medien geisterten etwa gefälschte Zitate, in denen sich Stars angeblich zur Ukraine äußerten. Aber auch SPD und CDU waren in den Fokus russischer Cyberattacken geraten.

Laut Bundesinnenministerin Faeser wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Schutzmaßnahmen gegen hybride Bedrohungen aber hochgefahren.

Sicherheitsbehörden haben auch Schutz der Landtagswahlen im Blick

Bei den bevorstehenden Landtagswahlen im Herbst im Osten wollen sich die Sicherheitsbehörden gegen Versuche der Einflussnahme durch Desinformationskampagnen rüsten. Es gebe dazu Arbeitsgruppen mehrerer Behörden, sagte BSI-Präsidentin Plattner. Störungen durch Falschinformationen müssten einkalkuliert werden, sagte Verfassungsschützer Selen. Es komme darauf an, dass die Sicherheitsbehörden vernetzt und schnell reagierten. „Dafür haben wir auch in Bezug auf die Landtagswahlen entsprechende Vorsorge getroffen“, sagte Selen.