Regierungsbildung Schwarz-rote Sondierungen gehen in entscheidende Phase
Mit ihrer Einigung auf ein riesiges Finanzpaket haben Union und SPD erste wichtige Weichen gestellt. Nun geht es um weitere strittige Themen. Biegen die Sondierungsgespräche auf die Zielgerade ein?

Berlin - Die Sondierungen von Union und SPD für die Bildung einer schwarz-roten Bundesregierung gehen in eine entscheidende Phase. Beide Seiten seien guten Willens, zu Ergebnissen zu kommen, ließen die Unterhändler am Donnerstagabend erkennen. Eine Einigung heute scheint nicht ausgeschlossen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte einen Zeitkorridor auf: Man habe am Freitag Zeit und auch am Wochenende - „und das ist jetzt das, was ansteht“. „Die Stimmung ist gut. Es kommt aber darauf an, dass die Ergebnisse gut werden, und da haben wir alle eine Verantwortung wahrzunehmen“, mahnte er.
Am Donnerstag sprachen die Unterhändler in unterschiedlichen Runden vom späten Nachmittag bis nach 22 Uhr miteinander. „Wir sind vorangekommen“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) am späten Abend.
Union unter Druck
Mit der Einigung auf ein riesiges Finanzpaket für die Bundeswehr und die Instandsetzung von Infrastruktur im ganzen Land sind zwar wichtige Weichen gestellt, die Koalitionsgespräche deutlich erleichtern würden. Doch vorher muss noch eine gemeinsame Linie bei einigen anderen zentralen Themen gefunden werden. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hatte etwa den Bundeshaushalt genannt sowie die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, das Bürgergeld, die Verbesserung der inneren Sicherheit und eine Begrenzung der irregulären Migration.
Die Union steht nun auch intern unter Druck, weil sie bei den Finanzfragen größere Schritte auf die SPD zugegangen ist. Nun müssten auch unionseigene Kernanliegen durchgesetzt werden, heißt es. Unter anderem werden aus der CDU Einsparungen beim Bürgergeld gefordert. Noch sei nichts wirklich beschlossen, warnte etwa der baden-württembergische CDU-Landeschef Manuel Hagel.
Knackpunkt Migration?
Beim Thema Migration lagen Union und SPD zuletzt weit auseinander. Merz hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle am ersten Tag einer Amtszeit als Bundeskanzler das Innenministerium mittels seiner Richtlinienkompetenz anweisen, „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“.
Die SPD sieht für ein solches Vorgehen, das auch Asylbewerber einschließen würde, europarechtliche Hindernisse. „Die irreguläre Migration lässt sich mit rechtsstaatlichen Mitteln und in enger europäischer Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstaaten effektiv begrenzen“, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie sieht im Rückgang der Asylzahlen eine Bestätigung dafür, dass die von der bisherigen Koalition beschlossenen Gesetzesverschärfungen und die von ihr angeordneten stationären Grenzkontrollen Wirkung zeigen.
Kommen zusätzliche Ukraine-Hilfen?
Nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius wird in den Sondierungen auch über das schon länger vorgeschlagene zusätzliche Hilfspaket für die Ukraine im Umfang von drei Milliarden Euro gesprochen. „Und ich setze mich natürlich mit Nachdruck dafür ein, dass wir hier zu einer schnellen Lösung kommen“, sagte der SPD-Politiker. Dann sei etwa die Lieferung weiterer Luftverteidigungssysteme mit Lenkflugkörpern für das von Russland angegriffene Land möglich.
Milliardenpaket noch nicht in trockenen Tüchern
Der Beschluss des schuldenfinanzierten Milliardenpakets für Verteidigung und Infrastruktur im Bundestag ist ebenfalls noch nicht gesichert. Union und SPD brauchen dafür Stimmen von Grünen oder FDP. Die Grünen jedoch sehen noch viele ungeklärte Fragen - und ärgern sich über Merz. Das Vorgehen von Union und SPD sei nicht respektvoll und auch nicht überlegt, kritisierte die Fraktion.
Auch inhaltlich üben die Grünen Kritik: Die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen fehle im geplanten Infrastruktur-Sondervermögen völlig. Die Grundgesetzänderungen sollen am 13. März ins Plenum eingebracht und am 18. März vom Bundestag beschlossen werden. Auch der Bundesrat muss allerdings zustimmen - und hier ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit ebenfalls nicht sicher.