Ermittlungen Radfahrerin nach Unfall mit Lkw gestorben: Bestürzung
Es deutete sich an: Eine Radfahrerin hat den schweren Unfall mit einem Betonmischer in Berlin nicht überlebt. Die Bestürzung ist groß. Zugleich wächst der Druck auf Klima-Aktivisten.
Berlin - Die bei einem Unfall mit einem Betonmischer in Berlin lebensgefährlich verletzte Radfahrerin ist tot. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag gemeinsam mit. Die 44-Jährige sei am Donnerstagabend im Krankenhaus verstorben. Zuvor war die Frau nach Polizeiangaben bereits für hirntot erklärt worden. Der Unfall hat für bundesweites Aufsehen und Diskussionen gesorgt. Denn ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte, die Verletzte unter dem Lkw zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der Stadtautobahn. Dieser soll durch eine Aktion der Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“ ausgelöst worden sein.
Die Polizei ermittelt gegen zwei 63 und 59 Jahre alte Klimaaktivisten wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen. Nach dem Tod der Radfahrerin werde geprüft, ab auch der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung in Betracht komme, sagte eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft am Freitag. Es werde eine Obduktion der Leiche der 44-Jährigen angeordnet, um zu klären, was konkret zu deren Tod geführt habe. Ein wesentlicher Punkt sei dabei die Frage der Kausalität und wem was zuzurechnen sei, erklärte die Sprecherin.
Die Berliner Feuerwehr geht davon aus, dass sich die Rettung der Frau um mehrere Minuten verzögert hat, weil das Spezialfahrzeug im Stau stand. Allerdings räumte ein Sprecher ein, auch die Bildung einer Rettungsgasse sei problematisch gewesen. Da die Technik nicht zur Verfügung stand, mussten die Retter am Unfallort laut Feuerwehr improvisieren. Dadurch sei es zu Zeitverzögerungen gekommen. Angaben dazu, ob dies Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Radfahrerin hatte, machte die Feuerwehr nicht.
Nach dem Unfall war der Lkw-Fahrer von einem Mann mit einem Messer attackiert und verletzt worden. Mutmaßlicher Täter ist ein 48-jähriger Deutscher aus dem Obdachlosen-Milieu. Er wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
Das Landeskriminalamt (LKA) und ihre Behörde seien wegen der Komplexität des Falles und der vielen offenen Fragen früh in die Ermittlungen einbezogen worden, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Es sei noch zu früh, Angaben zum genauen Unfallhergang zu machen. Nach bisherigen Angaben der Polizei fuhren Lkw und Radfahrerin beide auf der Bundesallee in Richtung Bahnhof Zoo gefahren. Die Frau sei gestürzt und von dem Laster überrollt worden. An der Unfallstelle gibt es einen benutzungspflichtigen Radweg.
Die Gruppe „Letzte Generation“ sprach den Angehörigen der Radfahrerin ihr Beileid aus. „Wir sind geschockt“, sagte Sprecherin Carla Hinrichs am Freitag. Zugleich kündigte die Gruppe an, weiterzumachen: „Die Bundesregierung soll unseren Protest beenden - jetzt, indem sie die Krise in den Griff bekommt. Bis dahin geht der Widerstand weiter“, hieß es in einer Mitteilung.
Nach dem Unfall hat sich der Ton verschärft in der Reaktion auf die Aktionen der Klima-Protestgruppe. Zahlreiche Politiker fordern ein härteres Vorgehen, in sozialen Netzwerken werden die Klima-Aktivisten verstärkt angefeindet. Dazu hieß es von der „Letzten Generation“: „Was immer uns als Menschen an öffentlicher Hetze entgegenschlagen mag, wird uns nicht davon abbringen, das einzig moralisch Richtige zu tun: In einer alles entscheidenden Krise nicht zu verharren, sondern loszugehen.“
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey bekundete ihre Trauer: „In diesem Moment sind unsere Gedanken bei der Verstorbenen, bei ihrer Familie, ihren Freundinnen und Freunden. Alles andere tritt in diesem Augenblick zurück“, erklärte die SPD-Politikerin am Freitag bei Twitter. „Es bleibt die Aufgabe der Polizei und der Gerichte, die Umstände ihres Todes rasch und sorgfältig aufzuklären.“