Krieg in Nahost Vorgehen gegen „Palästina-Kongress“ in Berlin kritisiert
Schon kurz nach Beginn der Veranstaltung löst die Polizei einen „Palästina-Kongress“ in Berlin auf. Dagegen wird nicht nur von den Organisatoren protestiert.
Berlin - Nach der Auflösung eines umstrittenen „Palästina-Kongresses“ in Berlin haben die Veranstalter das Vorgehen der Polizei scharf kritisiert. Demokratische Rechte seien ausgehebelt worden, hieß es während einer Pressekonferenz. Auch auf der Straße gab es Proteste.
Die Polizei hatte die Veranstaltung am Freitag rund zwei Stunden nach Beginn aufgelöst. Die bis zu 250 Kongressteilnehmer wurden am frühen Abend aufgefordert, den Saal zu verlassen. Als Grund nannte die Versammlungsbehörde eine per Video übertragene Rede eines Mannes, für den in Deutschland wegen Hasstiraden gegen Israel und gegen Juden ein politisches Betätigungsverbot gilt. Als der Mann sprach, schritt die Polizei mit etlichen Beamten ein, kappte die Übertragung und schaltete den Strom zeitweise ab.
Anwältin: Polizei hat völlig unverhältnismäßig reagiert
Rechtsanwältin Nadija Samour sagte für die Veranstalter, die Polizei habe völlig unverhältnismäßig entschieden. Geringere Maßnahmen seien möglich gewesen. Jeglicher Versuch, die Versammlung zu schützen, sei von der Polizei torpediert worden. Es habe keine strafbaren Äußerungen gegeben, was die Polizei auch eingeräumt habe.
Das Betätigungsverbot sei dem Veranstalter nicht bekannt gewesen und erst kurz vorher mitgeteilt worden. Aus Sicht der Veranstalter war die Polizeimaßnahme rechtswidrig. Es sei bei der Polizei Widerspruch eingelegt worden, um die eigentlich bis Sonntag geplante Versammlung fortsetzen zu können.
Zahlreiche Menschen protestrieren gegen die Auflösung
Am Samstag demonstrierten zahlreiche Menschen gegen die Auflösung des Kongresses. Es waren Parolen zu hören wie „Viva, viva Palästina“, „Palästina will never die“ oder „Israel bombardiert - Deutschland finanziert“. Unweit der Demo protestierte eine kleine Gruppe von Menschen mit Israel-Flaggen.
Die Polizei war mit rund 900 Kräften in der Stadt im Einsatz, überwiegend bei der Demonstration. Die Berliner Polizei konnte dabei auf Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bauen.
Veranstaltung nach zwei Stunden aufgelöst
Die Polizei hatte die Veranstaltung am Freitag rund zwei Stunden nach Beginn aufgelöst. Nach Angaben einer Polizeisprecherin sah die Behörde die Gefahr, „dass solche antisemitischen, gewaltverherrlichenden und den Holocaust verleugnenden Redebeiträge sich bei der Veranstaltung wiederholen könnten“. Die Entscheidung galt demnach nicht nur für den Freitag, sondern auch für Samstag und Sonntag.
Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass es in Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und des Landes Berlin Einreiseverbote gegen mehrere prominente Aktivisten gegeben habe, die am Kongress teilnehmen wollten.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser lobte den Einsatz der Polizei auf der Plattform X, vormals Twitter. „Es ist richtig und notwendig, dass die Berliner Polizei hart durchgreift beim sogenannten Palästina-Kongress. Wir dulden keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden“, schrieb sie. Eine Sprecherin des Innenministeriums verwies darauf, dass Faeser bereits im November 2023 die Terrororganisation Hamas und die Gruppierung Samidoun verboten habe. „Das bedeutet: Jedwede Betätigung ist untersagt und eine Straftat, dazu gehören auch Propagandareden für die Hamas. Die Sicherheitsbehörden beobachten sehr aufmerksam, dass die Verbote eingehalten werden. Wir behalten die islamistische Szene eng im Visier.“
Die Gewerkschaft der Polizei nannte das Durchgreifen der Beamten ein „starkes Zeichen in Richtung derer, die unsere Demokratie ausnutzen oder an der Durchsetzungskraft der Hauptstadtpolizei zweifeln“. „Wer unsere demokratischen Möglichkeiten nutzen möchte, der muss sich auch an Auflagen und Gesetze halten“, sagte Landeschef Stephan Weh laut Mitteilung.
Internationales Treffen unter dem Motto „Wir klagen an“
Zu dem internationalen Treffen unter dem Motto „Wir klagen an“ hatten diverse propalästinensische Gruppen und Initiativen eingeladen. Darunter sind vor allem solche, die nach Einschätzung von Sicherheitsbehörden und Berliner Innenverwaltung dem israelfeindlichen „Boykott-Spektrum“ zuzurechnen seien. Die Organisatoren hatten den Kongress schon vor längerer Zeit angekündigt, den genauen Ort aber lange geheim gehalten und erst am Freitag mitgeteilt.